Es begann am 9. Oktober

Warum Karlen Vesper einen Offenen Brief von Bürgerrechtlern logisch findet

Gegen Ende des ostdeutschen Staates kursierte, anspielend auf eine altersgebundene Sonderregelung, der Witz: »2014 dürfen alle DDR-Bürger in den Westen reisen. Warum? Weil die DDR 65 wird.« Sie wurde nicht so alt, verabschiedete sich im 41. Jahr, das als fantastisches Jahr der Träume und Utopien gilt. Diese wurden grausam-abrupt beendet mit dem Beitritt nach Artikel 23 des Grundgesetzes. Trotz Forderung: »Kein Anschluss unter dieser Nummer.«

Auch viele Bürgerrechtler hatten vehement und doch vergeblich protestiert. Sie wünschten eine Vereinigung auf Augenhöhe, mit einer neuen Verfassung und neuer Hymne. Nun, das ist vorbei, Stoff für die Historiker. Nicht aber die Art und Weise der Erinnerung. Da gibt es genügend Gründe für Kritik, auch für einstige Aktivisten. In einem Offenen Brief an die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission »30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit« fordern DDR-Bürgerrechtler, den Beginn des Gedenkens nicht auf den 9. November, wie geplant, sondern auf den 9. Oktober zu datieren. Das ist logisch, denn die Demonstration der Hunderttausend in Leipzig an jenem Tag ’89 gingen Mauerfall und Vereinigung voraus. Statt dem Versprecher eines Politbüromitglieds und einer abstrusen Konfusion zu huldigen, ist ein demokratischer Aufbruch zu würdigen. Auch wenn er von Ideen begleitet war, die ob neuer Kräfte(Kapital)verhältnisse Illusionen blieben.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -