EU-Kommission empfiehlt Strafverfahren gegen Italien

Italiens Staatsverschuldung wächst weiter / Kaum Gegenmaßnahmen erkennbar

  • Lesedauer: 3 Min.

Brüssel. Die EU-Kommission empfiehlt wegen der hohen Staatsverschuldung Italiens ein Strafverfahren gegen das Land. Die Brüsseler Behörde kam zu dem Schluss, die Regierung habe 2018 keine ausreichenden Gegenmaßnahmen getroffen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus informierten Kreisen erfuhr. Nun müssen sich die EU-Staaten mit der Sache befassen. Am Ende könnten Strafen in Milliardenhöhe stehen.

Italiens Schuldenquote - das ist das Verhältnis der Staatsverschuldung zur Wirtschaftskraft - betrug 2018 mehr als 132 Prozent. Das ist die zweithöchste in der EU - nach Griechenland - und eine der höchsten in der Welt. Die Schuldenlast beträgt etwa 2,3 Billionen Euro.

Nach den sogenannten Maastricht-Kriterien sind in Europa eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt. Verstößt ein Staat dagegen, muss er langfristige Gegenmaßnahmen treffen, um die Verschuldung zu senken. Allerdings haben die Maßnahmen zur Schuldensenkung in Griechenland zu Kritik geführt, da sie einen erheblichen Einbruch der Wirtschaft zur Folge hatten, sowie eine enorme Senkung des Lebensstandards im Land durch Sozialabbau bewirkt. Das will Italien vermeiden.

Aufgrund der hohen Altschulden hatte Italien eine maximale Neuverschuldung von 0,8 Prozent mit der EU vereinbart. Diese kann das Land aber mit den ambitionierten wirtschaftspolitischen Plänen nicht halten und plant eine Stabilisierung bei 2,4 Prozent. Das läge sehr wohl noch im Rahmen der Maastricht-Kriterien, aber deutlich jenseits der Vereinbarung mit der Europäischen Kommission.

Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega ist mit teuren Wahlversprechen wie der Einführung eines Grundeinkommens, der Absenkung des Renteneintrittsalters sowie einer Einheitssteuer von 15 Prozent angetreten. Sie wollen der schwächelnden italienischen Wirtschaft mit einer Anschubfinanzierung und damit einer zunehmenden Staatsverschuldung helfen.

Die EU-Staaten haben jetzt zwei Wochen Zeit, um die Einschätzung der EU-Kommission zu prüfen. Stimmen sie überein, kann die Brüsseler Behörde das offizielle Strafverfahren einleiten. Damit wären dann konkrete Vorgaben und Auflagen für Italien verbunden, die Schulden zu senken. Ignoriert die Regierung diese weiterhin, können Geldstrafen folgen. Bislang wurden diese noch gegen kein Land in Europa verhängt.

Die Botschaft aus Brüssel platzt dabei in eine heikle Phase in Rom. Ein Dauerstreit hat die Koalition praktisch lahmgelegt. Regierungschef Giuseppe Conte drohte unlängst deshalb mit seinem Rücktritt. Er rief die Regierungspartner zum Zusammenhalt auf, mahnte Zurückhaltung gegenüber der EU an und warnte vor Botschaften, die Verunsicherung an den Märkten auslösen könnten.

In den vergangenen Monaten hatten Italiens Haushaltspläne bereits zu Verunsicherung und Kurseinbrüchen an den Märkten geführt. Gerät die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ernsthaft in Finanzierungsprobleme, könnte dies Auswirkungen auf das ganze gemeinsame Währungsgebiet und auch auf Deutschland haben. dpa/nd

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