Zweierlei Maß beim Defizit

Kurt Stenger über die Brüsseler Empfehlung eines Defizitverfahrens gegen Rom

Es ist erst mal nur die Vorstufe zur Vorstufe von Strafzahlungen. Aber die EU-Kommission hat mit der Empfehlung eines Defizitverfahrens den Druck auf die italienische Regierung, die Schuldenregeln ernster zu nehmen, stark erhöht. Das dürfte die Querelen mit Rom verstärken - Ausgang offen.

Natürlich ist das Wirtschaftsprogramm der Regierung entgegen den Beteuerungen mitnichten geeignet, die lahmende Konjunktur zu beflügeln. Steuersenkungen waren da noch nie eine gute Idee, die Sozialprogramme sind mau, und bisherige Investitionen haben nicht einmal das berühmte Strohfeuer angefacht. Doch generell betrachtet sind die EU-Defizitregeln trotz gewisser Lockerung zu starr, so dass Staaten den in der Stagnation unbedingt benötigten fiskalischen Stimulus kaum erzeugen können.

Und die EU-Kommission muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie fiskalpolitisch weiter mit zweierlei Maß misst. Während sie Italien wegen hoher Defizite die Pistole auf die Brust setzt, belässt sie es beim warnenden Zeigefinger gegenüber Deutschland, das sich seit Jahren weigert, seine Überschüsse durch kräftige Investitionen und Nachfragestärkung zum Wohle aller abzubauen. Brüssel bleibt beim neokonservativen Irrglauben, dass fiskalpolitisch vor allem Defizite schädlich sind. In Wirklichkeit sind es die riesigen Ungleichgewichte, die die Währungsunion weiter schwächen.

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