Start in eine neue Ära

Berlins Basketballer gehen gestärkt ins Meisterschaftsfinale. Der FC Bayern München allerdings auch.

Spricht man einen Fan Alba Berlins auf Wendell Alexis an, wird ihm schnell warm ums Herz. Dann schwelgt er in Erinnerungen an die besten Zeiten des Basketball-Bundesligisten. Von 1996 bis 2002 spielte der elegante Flügelspieler für die Berliner und führte den Verein zu den ersten sechs seiner acht Meisterschaften. Alexis ist immer noch Topscorer des Klubs, und kein Amerikaner trug länger das Alba-Trikot. Noch, muss man wohl dazu sagen, denn nach einem guten Jahrzehnt voller Fluktuationen, aber ohne Meistertitel, scheint Alba endlich wieder in der Lage zu sein, einen festen Teamkern zu bilden.

In dessen Zentrum steht Luke Sikma. Seit zwei Jahren ist er Führungsfigur der Berliner, wurde in seiner Premierensaison zum Wertvollsten Spieler der Bundesliga gekürt, in der folgenden erhielt er diese Ehrung im Eurocup. Klar, dass die Berliner den 29-jährigen 2,03-Meter-Hünen unbedingt halten wollten, doch so etwas war viele Jahre lang unmöglich. Wer bei Alba glänzte, nutzte den Verein als Sprungbrett, um zu finanzkräftigeren Klubs zu wechseln, und dort in der Euroleague zu spielen, dem höchsten europäischen Klubwettbewerb. Mit diesem Automatismus aber soll nun Schluss sein, denn mit dem Einzug in die am Sonntag startende Finalserie um die deutsche Meisterschaft hat sich Alba selbst erstmals seit vier Jahren wieder für die Euroleague qualifiziert. Es dauerte gerade mal drei Tage, da verlängerte Sikma seinen Vertrag - gleich um vier Jahre! Eine absolute Rarität im Basketball. »Vom ersten Tag an habe ich mich in Berlin sehr wohlgefühlt. Alba hat große Ambitionen und zuletzt eine tolle Entwicklung hingelegt, weswegen der Schritt für mich logisch war. Ich verspüre eine große Vorfreude darauf, mit den Jungs in der Euroleague zu spielen«, sagte Sikma, der in ein paar Jahren mit Wendell Alexis gleichziehen könnte.

»Die Vertragsverlängerung von Luke ist ein wichtiges Zeichen. Er ist ein Top-Level-Spieler, der zahlreiche lukrative Optionen für einen Wechsel zu anderen Klubs gehabt hätte«, freute sich Sportdirektor Himar Ojeda. Dass der Spanier gleichzeitig Co-Trainer Thomas Päch gehen lässt - er wird Chefcoach in Bonn - ist ein weiteres Signal an den Rest des Teams, das fest damit rechnen könne, dass Erfolgstrainer Aito Garcia Reneses nicht von Eigengewächs Päch ersetzt werden wird. Ein Angebot zur Vertragsverlängerung liegt wohl bereits vor. »Ich gehe fest davon aus, dass Aito bleibt. Da mache ich mir keine Sorgen«, sagte Ojeda kürzlich.

Diese Personalentscheidungen könnten einen Dominoeffekt auslösen: Andere Stützen wie Peyton Siva, Rokas Giedraitis, Martin Hermannsson und Landry Nnoko könnten folgen. Dann hätte Alba endlich mal wieder Kontinuität auf den von Ausländern besetzten Kaderplätzen und könnte parallel weiter deutsche Jungnationalspieler wie Franz Wagner und Jonas Mattisseck heranziehen. Man wäre plötzlich dauerhaft national und in Europa konkurrenzfähig.

Dass Alba schon der zweite Bundesligaplatz für die Euroleague reicht, ist dem Aufstieg des Finalgegners FC Bayern München zu verdanken. Der hat seit Neuestem per Wildcard dauerhaft einen Platz in der Euroleague sicher, also darf ein weiterer Klub das feste deutsche Spielrecht wahrnehmen.

Allerdings wollen sich die Berliner deswegen nicht dauerhaft mit Rang zwei in Deutschland zufriedengeben, auch wenn die Bayern sicherlich die besseren finanziellen Argumente haben. Zu oft waren Luke Sikma und Co. in den vergangenen Jahren in Endspielen unterlegen. Das hat Begehrlichkeiten geweckt. »Immer zu sehen, wie die anderen die Trophäen in die Höhe wuchten, hat sehr weh getan. Das gibt uns die Motivation, es beim nächsten Mal besser zu machen«, hatte Sikma schon zu Beginn der Playoffs gesagt. Es folgten zwei glatte 3:0-Serien gegen Ulm und den Vorrundenzweiten Oldenburg. Letzterer wurde sogar auswärts zweimal bezwungen. In Oldenburg hatte in der gesamten Saison zuvor nur ein Auswärtsteam gewinnen können: Alba Berlin.

Die Hauptstädter sind definitiv gereifter als vor einem Jahr, als sie in der Finalserie mit 2:3 knapp an den Bayern scheiterten. Ihr Problem ist nur, dass auch die Münchner noch mal besser geworden sind. In der Hauptrunde verloren sie nur dreimal. Auch die Berliner bezwangen sie zweimal, und auch die Bayern marschierten ohne Niederlage durch die bisherigen Playoffs.

Heißt das, Alba ist chancenlos? Definitiv nicht. Im Pokalviertelfinale hatten die Berliner im direkten Duell die Nase vorn. Beide Teams bestechen mit breiten Kadern, die ihnen in den bisherigen Runden immer am Spielende Konditionsvorteile verschafften. Diese werden sich ab Sonntag in München aber neutralisieren, wenn die eindeutig besten deutschen Basketballmannschaften aufeinandertreffen.

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Die Erfahrung spricht für die Bayern, die Schnelligkeit für die jüngeren Berliner. So sollte es eine knappe und umkämpfte Finalserie geben. Geht es nach Luke Sikma, bleibt das in den kommen Jahren auch so. Nur eben nicht immer mit dem gleichen Sieger.

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