Warum scheitern filmische Zeitreisen immer an der Logik?

Zeitschleifen und Reisen in die Vergangenheit in Science-Fiction-Filmen sind zwar spannend, am Ende aber sprengen sie einem doch nur das Hirn

Zeitreisen überfordern nicht nur Drehbuchautoren: Christopher Lloyd alias Dr. Brown (links) und Michael J. Fox als Marty McFly ín »Zurück in die Zukunft«
Zeitreisen überfordern nicht nur Drehbuchautoren: Christopher Lloyd alias Dr. Brown (links) und Michael J. Fox als Marty McFly ín »Zurück in die Zukunft«

Warum sind wir aufgeklärten, modernen Menschen nur so stolz darauf, logisch denken zu können? Das verdirbt einem doch letztlich jeden Spaß!

Seit Kindertagen bin ich Science-Fiction-Fan. Dem Namen des Genres folgend mochte ich jene Geschichten am meisten, in denen sich die Helden eher mithilfe der Wissenschaft aus Schwierigkeiten befreiten als durch Laser-Blaster oder Photonen-Torpedos. Ein solcher Höhepunkt: die Star-Trek-Episode »Déjà-vu«. Darin bemerkt die Crew der »Enterprise«, dass sie in einer sich ständig wiederholenden »temporalen Kausalitätsschleife« festhängt. Ausgelöst durch eine Kollision mit einem anderen Raumschiff erlebt sie immer wieder denselben Tag, bis zu jenem Zusammenstoß, der alles wieder von vorn beginnen lässt. Zum Glück kann sich der Android Data über sein positronisches Gehirn eine Nachricht in die nächste Schleife schicken, somit die Kollision verhindern, und beide Schiffe verlassen das Zeit-Phänomen.

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Im restlichen Weltall sind während der »Zeit-Gefangenschaft« der »Enterprise« ein paar Wochen vergangen. Geschenkt! Das andere Schiff war jedoch gut 90 Jahre in der Schleife hängen geblieben. Genau hier kommt einem nun die Logik in die Quere: Wie kann die Kollision beider Schiffe der Auslöser für das Phänomen sein, wenn das zweite dafür nötige Schiff vor 90 Jahren noch gar nicht gebaut worden war? Da stimmt doch was am Anfang nicht.

Hat man dieses Problem erst einmal erkannt, malträtiert es einen nicht nur bei Zeitschleifen à la »Und täglich grüßt das Murmeltier«. Oft reist jemand in die Vergangenheit, um eine Katastrophe zu verhindern, bevor sie überhaupt passiert. Das Happy-End-Prinzip verlangt, dass dies auch gelingt. Berühmteste Beispiele dafür sind wohl »Zurück in die Zukunft« und »Terminator« – beide so erfolgreich, dass sie gleich mehrere Fortsetzungen bekamen.

Zentrale Frage: Kann man die eigene Existenz verhindern?

Das Problem am Beispiel von Terminator mal langsam zum Mitdenken: Ein in die Vergangenheit gesprungener Terminator sorgt dafür, dass das KI-System, das ihn erschaffen hat, gar nicht erfunden wird. Moment mal! Dann wird doch der Terminator nie existieren. Ergo reist er nicht in die Vergangenheit, die KI wird nie gestoppt, erschafft ihn doch und so weiter und so weiter. Ja, da können einem die Schaltkreise durchbrennen, denn auch hier fehlt der Anfang. Die Mission des Terminators kann nie gelingen. Wäre sie gelungen, hätte er nie existiert.

Die Sache mit dem Anfang ist fast immer die Krux bei filmischen Zeitreisen. Eine Kollegin meinte letztens: »In ›12 Monkeys‹ stimmt alles.« Den wirklich spannenden Klassiker aus dem Jahr 1995 mit Brad Pitt und Bruce Willis habe ich mir daher gleich noch mal angesehen. Immerhin: Der Versuch, den Lauf der Zeit zu ändern, scheitert tatsächlich. Also kein Henne-Ei-Problem?

Das stimmt leider nur für die Katastrophe an sich. Doch die spielt in dem Streifen kaum eine Rolle. Protagonistin Kathryn Railly lernt vielmehr den Zeitreisenden James Cole kennen, verliebt sich in ihn und hinterlässt dann eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter, dessen Nummer Cole ihr gegeben hatte. Jene Nachricht wird jedoch in der Zukunft dafür sorgen, dass Cole überhaupt zu ihr reist. Na, klingelt’s? Ohne seine Reise hätte es die Nachricht nie gegeben. Erneut bedingen sich zwei Ereignisse gegenseitig und schließen damit einen Anfang aus.

Ja, Logik kann echt nervig sein. Filmkritiker Christian Schäfer schrieb einmal: »Was dem Zuschauer Probleme bereitet, ist die Unfähigkeit, sich vom linearen Denken zu lösen. Dabei übersehen wir, dass die Geschichte überhaupt keinen Anfang benötigt.« Wir akzeptieren doch auch, dass Zeitreisen in die Vergangenheit möglich sein sollen, obwohl wir wissen: Egal ob Wurmlöcher oder DeLoreans, am Ende ist das alles Quatsch – aber gute Unterhaltung. Die Lösung also ist Selbstbetrug.

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