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Ängste und Tabubrüche
Für die Linkspartei sind westdeutsche Parlamente bislang ein schwieriges Terrain - an einer Regierung waren die Sozialisten noch nicht beteiligt
Die Zeit scheint reif zu sein für eine Regierung unter Mitwirkung der Linkspartei in Westdeutschland. Vor allem in den Großstädten gibt es ein ausgeprägtes linksliberales Milieu, bei dem der Antikommunismus aus dem Kalten Krieg längst verblasst ist. Dort konnte die Partei Fuß fassen.
Dass es nun ausgerechnet im kleinsten Bundesland zu einer ersten Regierungsbeteiligung der LINKEN in Westdeutschland zu kommen scheint, überrascht nicht. Die Partei hat in Bremen schon länger gute Wahlergebnisse eingefahren und in der Bürgerschaft seit drei Legislaturperioden solide Oppositionspolitik gemacht. Selbst die politische Konkurrenz zollt der LINKE-Fraktionsvorsitzenden Kristina Vogt Respekt für ihre Arbeit in den Ausschüssen. Das ist selten.
Beispiellos ist die derzeitige Koalitionsbildung in der Hansestadt wiederum nicht. Bereits dreimal gab es in Westländern einen ernsthaften Versuch, die Linkspartei in Regierungsverantwortung einzubinden. Im Saarland fanden nach der Landtagswahl im August 2009 intensive Sondierungen für ein Mitte-links-Bündnis statt. Seinerzeit war Oskar Lafontaine für die Linkspartei angetreten und hatte zwei Jahre nach der Fusion von WASG und PDS 21,3 Prozent der Stimmen geholt.
Das beste Ergebnis der LINKEN bei einer westdeutschen Landtagswahl war vor allem Ausdruck der Beliebtheit Lafontaines, der im Saarland von 1985 bis 1998 Ministerpräsident war, bevor er SPD-Chef wurde und 1999 als Finanzminister die Bundesregierung im Groll verließ.
Der heutige Außenminister Heiko Maas war bei der Saar-Wahl vor zehn Jahren Spitzenkandidat der SPD und suchte nach der Abstimmung das Gespräch mit Grünen und LINKEN. Parallel dazu bemühte sich aber CDU-Spitzenkandidat Peter Müller um eine Jamaika-Koalition. Die Grünen hatten die Wahl, wie jetzt in Bremen auch. Sie entschieden sich für Jamaika. Sie hätten davor zurückgescheut, als kleinste Partei zwischen der SPD und der Lafontaine-LINKEN blass zu bleiben, hieß es danach.
Die Koalition in Saarbrücken hielt jedoch nur drei Jahre, dann zog Annegret Kramp-Karrenbauer, die im Jahr zuvor das Amt von Müller übernommen hatte, die Reißleine. Personalquerelen der Liberalen hatten die Koalition schon länger belastet. Das bundesweit erste Jamaika-Bündnis war damit Geschichte.
Krachend gescheitert war auch Andrea Ypsilanti ein Jahr zuvor in Wiesbaden. Die Sozialdemokratin versuchte nach der Hessen-Wahl im Januar 2008 eine rot-grüne Minderheitsregierung, toleriert von der Linkspartei, zu bilden. Jenes Modell, das in Sachsen-Anhalt bereits von 1994-2002 existierte, schien für Ypsilanti die einzige Möglichkeit einer Regierungsbildung unter Führung der SPD.
Die Ausgangslage nach der Wahl war schwierig. CDU und SPD lagen gleichauf. Weder eine schwarz-gelbe Koalition war möglich noch hatte Rot-Grün eine Mehrheit. Andere Bündnisse waren schon im Vorfeld ausgeschlossen worden. Dazu trug auch die CDU bei, die den Wahlkampf überaus ruppig geführt und mit dem Slogan »Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen!« polemisiert hatte.
Auch Ypsilanti schloss im Wahlkampf noch eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei aus. Nach der Wahl revidierte sie aber angesichts der schwierigen Mehrheitsbildung ihre Haltung, was ihr insbesondere von den Konservativen als Wortbruch ausgelegt wurde.
Dabei machte Ypsilanti keinen Hehl daraus, dass sie lieber mit der FDP eine Ampelregierung gebildet hätte, doch die Liberalen sagten ab. Erst im Anschluss daran ging sie auf die LINKE zu. Alles deutete zunächst darauf hin, dass ihr Kurs bei allen drei Parteien mehrheitsfähig sein würde. Doch am Tag vor der Wahl kündigten vier Fraktionsmitglieder der SPD an, Ypsilanti nicht mehr zu stützen. Damit war das »Magdeburger Modell« in Wiesbaden gescheitert.
Ein Jahr Später bildete Hannelore Kraft (SPD) in Nordrhein-Westfalen weitaus weniger dramatisch eine rot-grüne Minderheitsregierung und ließ sich von der Linkspartei unterstützen. Das Modell scheiterte aber 2012, als der Haushaltsentwurf der Regierung keine Mehrheit im Landtag fand.
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