• Berlin
  • Bündnis gegen Homophobie

Mit Sichtbarkeit zur Normalität

Eine neue Kampagne will die Akzeptanz von Trans*personen in der Hauptstadt fördern

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitten auf einer vielbefahrenen Kreuzung an der Kurfürstenstraße in Berlin-Schöneberg steht am Dienstagmorgen eine Gruppe von Menschen und köpft eine Flasche Sekt. Nun ist der Grünstreifen zwischen den beiden vierspurigen Straßen, auf denen die Autos im Sekundentakt vorbeibrettern, normalerweise nicht der geeignetste Ort zum feiern. Auch die riesige Werbetafel, vor der sich die rund 20 Menschen versammelt haben, erregt normalerweise kaum noch jemandes Aufmerksamkeit.

Doch heute ist die Werbefläche der Mittelpunkt des Geschehens: Zum Start der Kampagne »Proud to be Trans* - Proud to be Myself« (auf deutsch etwa: Stolz darauf, Trans* zu sein, stolz darauf, ich selbst zu sein) des Bündnisses gegen Homophobie flackern hier die ersten Motive über den Bildschirm, die in den kommenden Wochen über die Stadt verteilt an über 1000 Standorten sowie in sozialen Medien zu sehen sein werden. »Wir wollen damit die Akzeptanz und Sichtbarkeit von Trans*menschen und das selbstbewusste Miteinander fördern«, erklärt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg (LSVD) das diesjährige Motto.

Die Plakate sollen die Gesellschaft zum selbstverständlichen Umgang mit Geschlechtsidentitäten außerhalb der bei der Geburt zugewiesenen Kategorien weiblich und männlich aufrufen, so Steinert weiter. Es gehe darum, Trans*personen nicht auf ihre Geschlechtsmerkmale zu reduzieren: »Sie sind Menschen wie alle anderen auch.« Damit die Menschen in ihrer Vielfältigkeit akzeptiert werden, wolle man den Gedanken - Proud to be Trans* - Proud to be Myself - in die ganze Stadt transportieren. »Trans* können stolz auf sich sein, sie müssen sich nicht verstecken, sie gehören zu dieser Stadt.«

Das sieht auch Christian Knappe von der Wall GmbH so. Das Unternehmen ist langjähriges Mitglied des Bündnisses gegen Homophobie und stellt seine Werbeflächen für die Sensibilisierungskampagne kostenlos zur Verfügung. »Wir verstehen uns als ein Unternehmen, das alle Lebensentwürfe, die es so gibt, nach innen und nach außen lebt«, so Knappe. »Das sieht man auch an unseren Kollegen.«

Seit zehn Jahren gibt es das Bündnis gegen Homophobie, das mittlerweile auf mehr als 120 Mitglieder angewachsen ist. Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Kirchenverbände wollen damit die Akzeptanz und Wertschätzung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen fördern. Das kann durch konkrete logistische Hilfe sein, wie im Fall der Plakatflächen für die Sensibilisierungskampagne, aber auch durch die Bereitschaft, etwas im Unternehmen zu ändern. »Wir diskutieren zum Beispiel darüber, wie man den Arbeitsalltag Trans*-inklusiv gestalten könnte«, so Steinert. Einfach eine Uni-Sex-Toilette aufstellen sei weder ausreichend noch ohne weiteres machbar.

Die Kampagne ist da schon niedrigschwelliger: Unter dem Hashtag ProudToBeMyself könne jeder mitmachen, auch Nicht-Trans*-Menschen, betont Steinert. Auf der dazugehörigen Internetseite gebe es zudem Beratungsangebote und eine Begriffserklärung, was Trans* eigentlich genau bedeutet. »Und zwar niedrigschwellig und verständlich, das ist kein wissenschaftlicher Aufsatz«, sagt Steinert augenzwinkernd.

Auch die Models auf den Plakaten sind am Dienstag zum Kampagnenstart gekommen. Eine*r von ihnen ist Jan »Su« Möllers von den »Berlin Bruisers«, der ersten schwulen Rugby-Mannschaft Deutschlands. »Trans*-Inklusion ist ein wichtiges Thema. Bei uns im Rugbyverein ist das kein Problem, aber von Fußballer*innen hört man da ganz andere Geschichten«, so Möllers. Bei der Kampagne mitgemacht hat er aus einem einfachen Grund: »Wir wollen wahrgenommen werden, um irgendwann nicht mehr aufzufallen.« Angst vor Anfeindungen hat Möllers nicht: »Sich als queerer Mensch dort abbilden zu lassen, heißt schon, ein Risiko einzugehen, aber ich will davon nicht mein Handeln bestimmen lassen.«

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