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Stress macht immer häufiger krank
DAK-Report: Arbeitsausfälle wegen psychischer Probleme in 20 Jahren mehr als verdreifacht
Nahezu jährlich verkünden Krankenkassen Steigerungen der Fehltage durch psychische Erkrankungen. Der jetzt erschienene Report der DAK hat Krankschreibungen der Versicherten dieser Kasse in den letzten 20 Jahren ausgewertet. Die Fehltage erreichten 2017 einen Höchststand: Jeder Versicherte blieb im Schnitt 2,5 Tage wegen einer solchen Diagnose der Arbeit fern. 2018 gab es einen leichten Rückgang. Die DAK meldete jedoch auch für das Vorjahr, dass psychische Erkrankungen immer noch der dritthäufigste Grund für die Ausfälle waren. Immerhin 15 Prozent der Fehltage gingen darauf zurück.
Nach dem DAK-Report fehlten Beschäftigte am häufigsten wegen der Diagnose Depression, danach folgten schwere Anpassungsstörungen, so bei der Verarbeitung von Schicksalsschlägen, sowie neurotische und Angststörungen. Der Berufsverband der Psychiater, die DGPPN, sieht den Anstieg dieser Krankmeldungen auch dadurch verursacht, dass heutzutage offen über psychische Erkrankungen gesprochen werden könne. Das dürfte nicht die einzige Ursache sein. Zunehmender Arbeitsstress wurde in den letzten Jahren in verschiedensten Branchen - etwa in der Pflege oder in Schulen - beklagt.
Dass Ursachen aus dem Feld Beschäftigung nicht eindeutig Diagnosen für die Fehltage zuzuordnen sind, hat auch mit einem Wandel im Diagnosesystem zu tun. Laut DAK-Report soll die Diagnose Burn-Out kaum eine Rolle gespielt haben. Das ist kein Wunder. Zwar schwebte der Begriff als Synonym für Überforderung und Erschöpfung durch die Welt, er galt bis dato nur als Rahmen- und Zusatzdiagnose, war zudem als Modeerscheinung verschrien.
Erst in der neuen Version des international gültigen Diagnoseschlüssels ICD-11, der ab 2022 gelten soll, wird Burn-Out als Syndrom mit klarem Arbeitsplatzbezug festgezurrt, bei dem es um Probleme bei der Stressverarbeitung geht.
Diese Unschärfe trug dazu bei, dass Jutta Krellmann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, sich von der Bundesregierung Auskunft zu den Fehltagen von einigen anderen Diagnosen geben ließ, bei denen ein Arbeitsplatzbezug nahe liegt. Dazu zählen etwa die akute Belastungsreaktion oder Unwohlsein und Ermüdung. Auch bei diesen Diagnosen sind die Fehltage seit 2008 kontinuierlich und in relativ großen Schritten angestiegen, selbst bei der »Neben«-Diagnose Burnout haben sich die Fehltage der gesetzlich Versicherten von 2008 bis 2017 auf über 2 Millionen mehr als verdreifacht. Jutta Krellmann fordert deshalb, die Betriebsräte zu stärken. »Das ist der beste Gesundheitsschutz. Außerdem brauchen wir endlich eine Anti-Stress-Verordnung.« Die bisherigen Regelungen dazu seien nicht ausreichend und würden kaum kontrolliert.
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