Juniorpartner der Grünen

Drei Duos und zwei Einzelbewerber wollen an die Spitze der SPD.

Es wird noch lange dauern, bis die SPD wieder gewählte Vorsitzende haben wird. Der Bundesvorstand hat sich immerhin dafür ausgesprochen, dass die Partei eine Doppelspitze bekommen soll. Der Andrang auf das Spitzenamt hält sich bislang in Grenzen. Dabei sind es mittlerweile nur noch gut drei Wochen bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist. Am 1. September müssen alle Kandidaturen eingereicht sein. Gewählt wird aber erst auf einem Parteitag in Berlin vom 6. bis zum 8. Dezember. Die Scheu vor der Übernahme des Amtes, das Ex-Inhaber Franz Müntefering vor Zeiten als das schönste neben dem des Papstes bezeichnet hat, ist nicht nur angesichts des langen Wahlverfahrens verwunderlich. In Umfragen dümpelt die einstige Volkspartei derzeit zwischen 11,5 und 14,5 Prozent vor sich hin.

Andererseits: Die Termine sind so gelegt, dass die neue Führung frei vom Ballast der erwartbar miserablen Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September und in Thüringen am 27. Oktober sein wird. Die werden den Neuen dann zumindest nicht persönlich angelastet werden können. Andrea Nahles hatte sich nach den Negativrekorden bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Herbst 2018 noch halten können. Doch nach den 15,8 Prozent bei der Europawahl am 26. Mai sägten etliche Genossen offen am Stuhl der Vorsitzenden. Anfang Juni schließlich trat Nahles von sämtlichen Ämtern zurück.

Vor dem Parteitag werden sich alle Kandidaten auf 23 Regionalkonferenzen in den Bundesländern den Fragen der Genossen von der Basis stellen. Die Tour beginnt am 4. September in Saarbrücken und endet am 12. Oktober in München. Bis zum 19. September können sich Parteimitglieder für eine Onlineabstimmung registrieren, in der sie zwei Favoriten für die SPD-Spitze bestimmen können. Auch Neumitglieder, die bis zum 16. September eingetreten sind, dürfen mitmachen. Ihr Votum sollen die registrierten Teilnehmer dann vom 15. bis 25. Oktober digital oder per Brief abgeben. Bislang haben sich nach Angaben der Parteizeitung »Vorwärts« 80 000 der 426 000 Mitglieder registriert. Mitte November sollen die Kandidaten mit den meisten Stimmen dem Parteitag zur Wahl empfohlen werden.

Bislang haben nur die ehemalige Familienministerin von Nordrhein-Westfalen, Christina Kampmann (38), und Michael Roth (48), Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, alle formalen Hürden für eine Kandidatur genommen. Sie sind deshalb bisher die einzigen, die auf der SPD-Webseite als Bewerber aufgeführt sind.

Die übrigen Tandems und Einzelkandidaten müssen noch von mindestens fünf Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband der Partei nominiert werden. Ihre gemeinsame Kandidatur haben Mitte Juli auch Nina Scheer (47) und Karl Lauterbach (56) bekanntgegeben sowie zuletzt am 2. August die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (42) und ihr Bautzener Amtskollege Alexander Ahrens (53). Lange und Ahrens haben, anders als Scheer und Lauterbach, auch schon eine Kandidatenwebseite (langeahrens.de) mit Werbevideo. Auch Kampmann und Roth versuchen mit einem Onlineauftritt (herz-und-haltung.de) zu punkten. Als Einzelbewerber treten der 79-jährige Parteilinke Hans Wallow und der Vizechef des SPD-Wirtschaftsforums, Robert Maier (39), an. Letzterer will einen weiteren Rechtsruck im Land, aber auch einen »Linksruck der SPD mit Kollektivierungs- und Enteignungsplänen« verhindern.

Klar für einen Linkskurs der SPD haben sich bislang Nina Scheer und Simone Lange ausgesprochen. Allerdings findet ihre Positionsbestimmung - wie die der kommissarischen SPD-Chefin Malu Dreyer am Donnerstag - zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Sozialdemokraten längst nicht mehr in der Lage sind, mögliche Koalitionspartner links der Mitte im Bund zu Verhandlungen einzuladen. Während viele Politiker der Linkspartei seit langem darauf hoffen, im Bund mitregieren zu dürfen, meinen die Grünen ihre Ziele auch gut in einer Koalition mit der Union erreichen zu können. Und derzeit spricht alles dafür, dass die Grünen bei der nächsten Bundestagswahl erheblich mehr Stimmen bekommen werden als die SPD. Sie kommen aktuellen Umfragen zufolge auf Werte zwischen 23 und 25 Prozent. Dagegen stagniert die LINKE bei etwa acht Prozent.

Immerhin, Simone Lange spricht sich klar für ein Linksbündnis aus. Ihre Partei müsse sich im nächsten Wahlkampf klar dazu bekennen, sagte sie dem »nd«. Zuallererst aber müsse die SPD »einen klaren Kurs der Nachhaltigkeit einschlagen, progressiv, furchtlos und reformwillig Politik für alle Menschen und nicht nur für wenige« machen, sagte sie.

Während Lange sich jedoch bereits im April 2018, als sie gegen Andrea Nahles antrat, klar gegen die »Agenda-Politik« und den Wiedereintritt in die Große Koalition aussprach, äußert sich ihr »Partner« Alexander Ahrens diesbezüglich sehr moderat. Im Deutschlandfunk sagte er vergangene Woche, die Grundidee von Hartz IV sei richtig, der Preis dafür aber zu hoch gewesen, weil »Hunderttausende, Millionen von Menschen« dadurch »Entwürdigungserfahrungen« gemacht hätten. Ahrens kann sich vorstellen, für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu werben. Das Duo Lange/Ahrens wäre insofern interessant, als es nicht nur die Kombination weiblich/männlich bietet, sondern auch die von ost- und westdeutsch mit kommunalpolitischer Erfahrung im jeweils anderen Milieu. Lange stammt aus dem thüringischen Rudolstadt und Ahrens aus Westberlin.

Kampmann und Roth sprechen auch von einer Linksverschiebung, wollen die Partei aber auch nicht »Hals über Kopf« aus der GroKo herausführen. Roth schloss sich am Donnerstag gleichwohl relativ deutlich der Aussage seines Mitbewerbers Karl Lauterbach an, dass die Schuldenbremse überholt sei und staatliche Investitionen, etwa in Kitas, Schulen und die Verkehrswende, behindere.

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