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Nierchengroße Kindertränen
Andreas Koristka über offenbare, aber wohl unter der Decke gehaltene Zustände in deutschen Kindertagesstätten
In deutschen Kindertagesstätten ist die Hölle los. Viel zu wenig wird in den Medien über die dort herrschenden unhaltbaren Zustände informiert. Nur selten dringt doch etwas an die Öffentlichkeit. Im Frühjahr wurde über eine Hamburger Kita berichtet, die das Wohl unseres Nachwuchses mit einem grausamen Verbot von Indianerkostümen aufs Spiel setzte. Vor Kurzem war es dann eine Leipziger Einrichtung, die Schweinefleisch in ihren Räumen verbannte.
Gut, beide Fälle waren streng genommen überhaupt nicht wahr, aber es geht bei der Berichterstattung nicht vorrangig um Fakten, sondern um das paranoide Große und Ganze. Das ist nur allzu verständlich, denn die zirkulierenden Wahnvorstellungen ernst zu nehmen und zu kolportieren ist jeher Aufgabe unserer deutschen Presse. Sie bedient das wichtige Verlangen der breiten Öffentlichkeit nach Informationen. Die Leute lechzen schließlich nach Leitartikeln, die die Zustände in einzelnen Kindertagesstätten beleuchten. Man kann sich beim Lesen nämlich so wohlig gruseln. Denn nicht nur Kinder lieben die Angst vor Geschichten vom Schnitzel verbietenden schwarzen Mann und der linksgrün-versifften Genderhexe, die nachts mit einer Schere kommt, um arglosen Buben den Schniedelwutz abzuschneiden.
Aber ist die Berichterstattung ausreichend? Vernachlässigen wir zugunsten der wenigen großen Skandale nicht die vielen kleinen? Schlimm genug, dass mancherorts die Freiheit der Faschingskostümierung auf dem Spiel steht, dass wildgewordene »Pädagogen« über die Indianer-, Neger- und SS-Obersturmbannführer-Kostüme unserer Kinder bestimmen wollen. Jetzt werden indigene Kinder auch noch terrorisiert! In Berlin-Reinickendorf soll es eine Kita geben, in der ein türkisches Kind (nennen wir es Ali) deutsche (!) Kinder mit Duplo-Steinen beschmissen haben soll. Ali soll außerdem (so berichten es Erzieher, die nicht namentlich genannt werden wollen), mit den Fäusten auf den Boden getrommelt haben. Beim Mittagessen soll der Dreijährige dann, nachdem er sich geweigert hatte, den Brokkoli zu essen, absichtlich geschmatzt haben und das Kleid von der kleinen Deutschfriede (Name ebenfalls geändert) mit einem halbmondförmigen Popel beschmiert haben. Auf sein Fehlverhalten angesprochen, verweigerte Ali eine Entschuldigung und steckte dem Erzieherpersonal mehrmals die Zunge heraus. Er musste noch vor dem Mittagsschlaf abgeholt werden. Lesen konnte man von alldem nichts!
Man darf annehmen, dass auch diese »kleinen« Fälle in den Redaktionen der überregionalen Medien bekannt sind. Warum werden sie totgeschwiegen? Warum gibt es bis zum heutigen Tag keinen »Brennpunkt« in der ARD zum Thema? Hat man Angst, dass die Berichterstattung dazu beiträgt, dass sich jeden Morgen ein aufgebrachter mit Mistgabeln und Bildzeitungen bewaffneter Mob vor der besagten Kita versammelt und die Auslieferung Alis fordert, um ihm eine gerechte Strafe auf der Stilletreppe zukommen zu lassen?
Das wäre ein falscher vorauseilender Gehorsam. Schließlich steht das geistige und körperliche Wohl unserer Kinder auf dem Spiel! Kinder, die unschuldig sind. Die nie jemanden Leid zugefügt haben, außer wenn sie beim Stillen der eigenen Mutter in die Brustwarze bissen. Warum kann man nichts davon lesen, wie diesen unschuldigen Wesen tagtäglich Schippen weggenommen werden? Wie sie schluchzen, wenn jemand aus der Kaulquappen-Gruppe ihre Bilder zerreißt. Welche Schmerzen sie empfinden, wenn sie beim Stuhltanz geschubst werden. Und warum, gottverdammt noch mal, liest man nichts von den nierchengroßen Tränen, die sie weinen, wenn es schon wieder keine Schweineleber zum Mittagessen gibt!
Irgendwann werden diese Kinder erwachsen sein und niemand darf überrascht sein, wenn sie unbequeme Fragen stellen. Ich werde ihnen dann antworten können, dass ich zumindest mal einen Artikel über diese Dinge geschrieben habe.
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