DiDis Daten

Oliver Kern wirft bei der WM in China einen Blick über den Parkettrand hinaus.

Ich will mich endlich mal ein bisschen umschauen und mehr von Shenzhen sehen als immer nur das Innere des Bay Sports Centers, in dem die WM-Spiele ausgetragen werden. Also ab auf einen Spaziergang zum Wasser und wenigstens mal einen Blick über das Delta des Perlflusses werfen, um Hongkong zu sehen. Allerdings liegt auf der anderen Seite erst mal nur ein bewaldeter Hügel. Von der Stadt dahinter sehe ich nicht viel. Aufgrund der rigiden Visapolitik der chinesischen Regierung werde ich die nicht so weit entfernte Sonderverwaltungszone in diesen Tagen leider auch nicht mehr erreichen. So nah und doch so fern.

Also geht’s wieder zurück zum Bay Sports Center, doch schon der Weg zum Bahnhof ist lang. Kein Problem, denke ich: Dann rufe ich mir endlich mal den DiDi her. Den haben mir hier schon einige empfohlen. DiDi ist nicht irgendein ausgewanderter Dieter aus Recklinghausen, sondern das Uber Chinas. Billiger als Taxis, stets ein Auto in der Nähe, und dank der App soll’s auch immer schnell gehen. Ich lade sie herunter und komme bei der Installation bis zu den Geschäftsbedingungen.

Ich gestehe, zu Hause lese ich mir die nie durch, aber hier in China werfe ich doch mal einen genaueren Blick auf die Datenschutzvereinbarung. Und die hat es in sich, denn DiDi dürfte folgende Dinge von mir sammeln und an seine Partner weitergeben: Name, Ausweis, Wohnadresse, Telefonnummer und biometrische Daten. Besuchte Orte, Ziele und Routen. IP-Adressen, Telefonmodell und Betriebssystem. Bankinformationen und andere Zahlungswege sowie persönliche Kreditinformationen und Berichte über die Kreditwürdigkeit. Inhalte und Dauer von Telefonanrufen sowie die Nummern aller aus- und eingehenden Anrufe. Und schließlich noch die genutzten Apps und das Nutzerverhalten.

Lesen sie auch: Das unerwartete Desaster. Nach der zweiten Niederlage müssen die deutschen Basketballer ihre WM-Träume begraben

Mir kommt das irgendwie unverhältnismäßig vor. Das alles geschehe natürlich nur, um DiDis Service zu verbessern. Aber eben auch um den Behörden dabei zu helfen, »ihre Aufgaben den Gesetzen entsprechend zu erfüllen«. Vielleicht bin ich ja paranoid, aber ich laufe dann doch lieber zum Bahnhof. Die Fahrt mit dem ÖPNV kostet mich auch nur ein Zehntel. Und DiDi lösche ich gleich wieder.

Alle Tagebücher von der WM in China: dasND.de/BasketballWM

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -