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Berlin direkt
Das ZDF-Interview mit Björn Höcke ist nur der neueste Fall der AfD-Förderung durch unsere Medien
Noch nie hat es ein Deutschland gegeben, das in irgendeiner Weise harmlos wäre. Dass die aktuelle Inkarnation der aus Kriegsverbrechen und weinerlicher Weltmachtsambition hervorgegangene »Nation« noch immer vergleichsweise harmlos erscheint, ist dem Umstand zu verdanken, dass die Beseitigung der Folgen des größten Menschheitsverbrechens noch nicht ganz abgeschlossen ist. Nachdem die Täter ein paar Jahrzehnte sich zwar nicht geschämt, aber doch zum Vertuschen gezwungen gesehen hatten, rebellierten im Westen des damals zum Wohle der Welt geteilten Landes Studenten ein Weilchen herum, um ihre Naziväter zu provozieren. Später durften die dümmsten dieser Söhnchen groß mitregieren; über ein nun wiedervereinigtes Land, in dem nun überall wieder offen Nazitöne gespuckt wurden, weil der seltene Verdienst des anderen, östlichen Deutschlands, Nazis vierzig Jahre lang den Mund zu verbieten, ein Ende gefunden hatte. Eines zudem, in dem der DDR trotz ihrer für deutsche Verhältnisse vergleichsweise harmlosen Bilanz mit dem »Dritten Reich« gleichgesetzt wurde.
Was die Nazisöhne in Rot-Grün neben einigen sozialen Schweinereien vor allem erreichten, war das neue deutsche Selbstverständnis, besser als andere Länder der Welt die eigenen Verbrechen aufgearbeitet zu haben - weswegen man wieder an Angriffskriegen teilnehmen konnte, sofern sich irgendwo ein Hitler findet. Und was ein Hitler ist, kann ja nun wirklich niemand besser erkennen als Deutsche!
Das nun gute Deutschland stieg zur Europa wirtschaftlich beherrschenden Macht auf, geleitet von einer Kanzlerin, die sowohl das wortreiche Nichtssagen als auch kompromisslos menschenfeindliche der angeblichen Sachzwänge perfektionierte - bis ihr einmal das Missgeschick geschah, ein paar zu viele der Menschen ins Land zu lassen, die Deutsche ganz besonders verachten: hilfesuchende Fremde.
Seither fällt allzu deutlich auf, was vorher nur schwelte: dass ein guter Teil der Deutschen Nazis geblieben war und der große Rest sich wenig daran stört. All die Vertuschung, Umdeutung, das liebevolle Verständnis für die Biografien von SS-Literaten und die zuvorderst vom ZDF und ihrem Prof. Knopp betriebene Geschichtserziehung, nach der es eigentlich nur dieser Hitler und ein paar Helfer waren, die Nazis und Verführer und eigentlich auch Fremde waren, hat nichts genützt. Deutschland bleibt Deutschland.
Doch weil das dem Exportbetrieb schadet, von dem das Land lebt, und man sich die Zeiten zurückwünscht, in denen nur vereinzelte »Bürgerliche« Nazisachen sagten, und es nun eine Partei gibt, die den harten Kern des deutschen Pudels streichelt, gibt man sich auch im ach so neutralen Großjournalismus kämpferisch.
Zum Beispiel im einst gegen die linksgrün-versiffte ARD gegründeten ZDF, wo in »Berlin direkt« das unnötige Kunststück gelang, dem offensichtlichen Nazi Höcke Nazisprache nachzuweisen, bis er jammerte und drohte wie ein Nazi: »›Wir beenden das Interview. Nur dann ist klar… Wir wissen nicht, was kommt. Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird.‹ Eine Drohung sei das allerdings nicht. ›Das ist nur eine Aussage, weil ich auch nur ein Mensch bin‹, sagt Höcke. ›Und was könnte kommen? Wenn Sie sagen, wir wissen nicht, was kommt‹, fragt der ZDF-Redakteur. ›Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Land. Könnte doch sein‹, sagt Höcke.«
Das Problem ist: Höcke ist das schon, nicht zuletzt wegen Einladungen zu solchen Interviews. Und er wird noch interessanter werden. Denn man kann wissen, was kommt. Es ist Deutschland.
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