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Der Lohn fürs Einknicken ist Hohn
US-Außenminister Pompeo dankte London, Paris und Berlin für die Erklärung gegen Iran
Heiko Maas (SPD) sieht in den Vereinten Nationen »den richtigen Ort, um internationale Krisen zu besprechen und einer Lösung zuzuführen«. Das ginge zwar oft nur langsam voran, aber anders gehe es nun einmal nicht, sagte der Bundesaußenminister vor dem Beginn der UNO-Generaldebatte in New York. Drei Krisengebiete hob Maas hervor: Syrien, Jemen und Iran. Konfliktlösung setzt Unvoreingenommenheit und die ehrliche Absicht voraus, zu einem Ausgleich zwischen Kontrahenten beizutragen.
Dass es darum weder in der realen Welt noch in der UNO geht, zeigt eine andere Wortmeldung. Sie stammt von Mike Pompeo, dem Außenminister der USA. Mit ihr ist vor Beginn der Debatte bereits deren Ergebnis vorweggenommen. »Die USA danken unseren engen Freunden, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, für ihre klare Darlegung der alleinigen Verantwortung Irans für den Kriegsakt gegen Saudi-Arabien und seine Auswirkungen auf die Region und die Welt.«
Gemeint ist vor allem der Angriff auf die saudi-arabischen Ölanlagen Mitte des Monats. Den nahmen zwar die Huthi-Rebellen in Jemen auf ihre Kappe, doch die USA machen Teheran verantwortlich. Dass Pompeo den »Dank an die engen Freunde« per Twitter in alle Welt sandte, war vermutlich ein zusätzlicher Lustgewinn für ihn und seinen Chef. Wofür aber dankte Pompeo genau?
Am Montag hatten die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens - Kanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson - eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der es heißt: »Für uns ist klar, dass Iran Verantwortung für diesen Angriff trägt.« Iran bestreitet das. Nun könnte man erwarten, dass in der Erklärung eindeutige Beweise für Teherans Schuld vorgelegt werden. Doch statt dessen liest man nur, es gebe »keine andere plausible Erklärung«.
Auch wenn das Bemühen erkennt, die Sätze weichzuspülen: Dass mit der Erklärung eigene politische Grundsätze aufgegeben werden und auch Berlin und Paris auf die harte Trump-Linie, die haarscharf am Rande eines Krises verläuft, einschwenkt, ist deutlich. Die drei Regierungen bekennen sich zwar zum bisherigen Atomabkommen mit Iran, fordern aber zugleich, dass sich das Land auf Verhandlungen für ein langfristiges Abkommen einlässt, das neben dem Atomprogramm auch andere Fragen der regionalen Sicherheit wie das iranische Raketenprogramm umfasst.
Damit ist klar: Vor allem die widerborstigen Regierungen in Berlin und Paris, die bislang mit ihrem Festhalten an dem von den USA aufgekündigten Atomabkommen eine eigenständige Politik der Vernunft anstrebten, sind eingeknickt. Artig folgen sie Trumps Politik der maximalen Härte gegenüber Iran. Dass London unter Premier Johnson der US-Line näher denn je ist, war ohnehin klar.
Zwar heißt es in dem Dokument auch, dass es notwendig sei, »in der Region durch anhaltende diplomatische Bemühungen und Einbindung aller Parteien zu einer Deeskalation zu kommen«. Doch die auf höchster Ebene verfasste Erklärung ist eine Parteinahme pro Trump. Und so schlachtet sie Pompeo aus. Das Signal der Europäer werde »die Diplomatie stärken und die Friedensbestrebungen«. Weshalb er vor Beginn der UN-Debatte »jedes Land« dazu aufforderte, »sich dieser Verurteilung der Handlungen des Irans anzuschließen«.
Angesichts des Kurswechsels ist es wenig tröstend, dass Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gegenüber US-Kollegen Mark Esper betonte, Deutschland wolle sich nicht der US-geführten Militärmission in der Straße von Hormus anschließen. Dass Teheran den dort seit Mitte Juli beschlagnahmte britische Öltanker »Stena Impero« am Dienstag wieder freigab, wird die brennende Lunte kaum löschen.
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