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Wir wollen einen radikalen Deckel
Mieteraktivistin Susanna Raab erklärt, warum Initiativen am Donnerstag protestieren wollen
Die politische Auseinandersetzung in Berlin wird aktuell von der Debatte über den Mietendeckel bestimmt. Gibt es ein Recht darauf, mit Wohnungen Geld zu verdienen?
Nein, das finde ich überhaupt nicht. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, alle Menschen haben das Recht auf guten und bezahlbaren Wohnraum. Was es nicht gibt, ist ein Recht auf Spekulation oder ein Recht darauf, mit diesem Grundbedürfnis Gewinne zu machen.
Das Demonstrationsbündnis fordert einen »radikalen Mietendeckel«. Was ist das?
Mit dem jetzigen Entwurf zum Mietendeckel würden nur ungefähr zehn Prozent der Mieter*innen in Berlin profitieren und ihre Miete absenken können. Das hat einerseits damit zu tun, dass dieser von Einkommensgrenzen und der Größe des Wohnraums abhängig ist und es andererseits zahlreiche Ausnahmen gibt. Zum Beispiel können Modernisierungen, die schon 15 Jahre zurückliegen, immer noch auf die Miete umgelegt werden. Da dürfen Mietobergrenzen überschritten werden, obwohl diese Modernisierungen schon lange amortisiert sind. Wir fordern, diese Modernisierungsumlage komplett abzuschaffen.
Die zuerst bekannt gewordenen Ideen von Wohnen-Senatorin Katrin Lompscher (LINKE) gingen deutlich weiter als der Entwurf, der nun unter dem Druck der SPD entstand. Wie bewerten Sie die Rolle der verschiedenen Parteien?
Der Referent*innen-Enwurf, der geleakt wurde, war in der Tat ein viel radikalerer Vorschlag. Nach ein paar Tagen ist die LINKE ziemlich schnell aufgrund des Drucks der anderen Koalitionsparteien eingeknickt. Wir haben sehr verwundert zur Kenntnis genommen, dass jetzt doch Mieterhöhungen, angepasst an die Inflation, möglich sein sollen und Mietsenkungen nur noch mit Einkommensgrenze. Gerade von der SPD kommt viel Widerstand. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat letzte Woche gesagt, Absenkungen der Miete sollen gar nicht mehr möglich sein und Mieten nur noch eingefroren werden. Dabei sind die angesetzten Mietobergrenzen nach dem Mietspiegel 2013 schon zu hoch. Damals war der Mietenmarkt schon völlig angespannt, die Obergrenzen müssten darunter liegen. Und jetzt soll es nach der SPD überhaupt gar keine Absenkungsmöglichkeiten mehr geben.
Auch die Immobilienwirtschaft lief bereits Sturm gegen die geplante Regulierung. Wie kann es der Mieter*innen-Initiative gelingen, den Mietendeckel trotzdem durchzubekommen?
Klar, mit jedem Eingriff in die Profiterwartungen von Immobilienunternehmen regen die sich natürlich sofort auf. Das haben wir auch bei unserer Forderung nach Enteignung von großen Immobilienunternehmen gesehen. Deswegen halten wir den Druck aufrecht und gehen am Donnerstag, den 3. Oktober, auf die Straße, um zu zeigen, dieser Mietendeckel ist auch ein Erfolg der Bewegung. Das ist die erste Maßnahme, die die rot-rot-grüne Koalition bisher ergreift. Dies ist ein Erfolg der jahrelangen Proteste von Mieter*innen. Wir sagen deshalb Ja zum Mietendeckel, aber zu einem radikalen Mietendeckel, der wirklich etwas bringt und langfristig die Mieten effektiv senkt.
Mit welchen konkreten Forderungen gehen Sie auf die Straße?
Wir wollen einen Mietendeckel, der keine Ausnahmen zulässt. Wir wollen keine Modernisierungszuschläge für Mieterhöhungen zulassen. Mietsteigerungen sollen gar nicht zulässig sein, Mietsenkungen dafür nicht mit Einkommensgrenze. Die Mietobergrenzen, ab denen Mietabsenkungen möglich sein sollen, sind weiterhin zu hoch.
Das Motto der Demonstration lautet: »Richtig deckeln, dann enteignen - Rote Karte für Spekulationen!« Wie kann es gelingen, dass Spekulation mit Wohnraum langfristig verhindert wird?
Im Moment ist Wohnraum ein Spekulationsobjekt. Eine Wohnung zu besitzen und dann die Miete regelmäßig zu erhöhen, ohne irgendetwas dafür zu tun, spült den Leuten Geld in die Tasche - und damit muss Schluss gemacht werden. Deshalb reicht ein kurzfristiges Instrument, das etwas abfedert, nicht. Nur Wohnraum als Gemeingut beendet Spekulation. Wir fordern die Enteignung beziehungsweise Vergesellschaftung von Wohnraum. Das heißt: die Überführung der Bestände in die Hände der Mieter*innen und der Stadtgesellschaft.
Am Freitag wurde bekannt, dass die Gewobag 6000 Wohnungen des Konzerns Ado Properties zurückgekauft hat. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?
Natürlich ist jeder Rückkauf von Wohnungen gut für Mieter*innen, weil sie ein bisschen mehr Sicherheit beim städtischen Wohnungsunternehmen erwarten können. Andererseits ist natürlich der Preis von einer Milliarde Euro für 6000 Wohnungen horrend. Es ginge mit einer weitaus geringeren Entschädigungssumme durch Enteignung. Nach unserer Rechnung könnte man knapp 250 000 Wohnungen für acht Milliarden Euro vergesellschaften. Deswegen brauchen wir dieses Gesetz, weil wir dann viel mehr Wohnraum günstiger in die Hand der Stadtgesellschaft überführen können.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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