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Den Hut gezogen
Volkmar Kleinert und Regina Beyer berichten über ein Schauspieler-Eheleben
Sein Licht war oft das Zwielicht. Volkmar Kleinerts Kunst ist in nahezu hundert Filmen, in Verbindung mit einer markanten Stimme, zu einem Qualitätssignum der Kühle, des Lauernden, der negativen Tönungen geworden. Der Schauspieler, 1938 in Dresden geboren, wurde 1964 ans Deutsche Theater Berlin engagiert. Irgendwann war er einer der wenigen, die man anschaute und meinte, einen Zeitenspiegel vor sich zu haben: so viele Jahrzehnte DT! Immer in zweiter oder dritter Reihe - aber das sind lächerliche Rubrizierungen, wo ein Theater sich auf einem Ethos der Truppe aufbaut.
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Volkmar Kleinert/Regina Beyer: Ein Schauspieler spielt selten allein. Neues Leben, 208 S., geb., 20 €.
»Ein Schauspieler spielt selten allein« heißen die Erinnerungen von Volkmar Kleinert. Aber er erinnert sich nicht allein - sondern gemeinsam mit seiner Ehefrau Regina Beyer, ebenfalls bekannt aus Film und Fernsehen: »Hauptmann Florian von der Mühle«, »Hart am Wind!«, »Im Himmel ist doch Jahrmarkt«. Nichts ist größer als das Leben! Das konnte Regina Beyer, geboren 1947, mit der galanten Verve einer Marktfrau spielen; andererseits aber gibt es nichts Verletzbareres als das Lebendige. Das spielte sie dann mit aller nur verfügbaren Sanftheit ihres Gesichts und Gemüts - von dem man sonst den Eindruck hatte, dass es die Direktheit liebt. Ihren Gestalten wuchs aus Lichtgläubigkeit und mädchenhafter Leichtgläubigkeit gesunder Witz zu. Die Kecke, Natürliche, manchmal auch Wilde - mit Unschuldsbonus, den sie im wahren Sinn des Wortes gern aufs Spiel setzte. Sie zeigte den Zeiten, wie man die Angst vor ihnen verliert.
Das Ehepaar kann erzählen, Andreas Püschel kann schreiben. Der Journalist als Protokollant und dazwischen selber als Porträtist, das hat Klang, Schliff, Tempo. Ist ganz Sprachgefühl und Spannungsbogen, wenn man bedenkt, dass Schauspielers Abenteuer eigentlich nur immer gestellt sind, am Set und auf der Bühne, und Anekdoten schließlich nicht alles sein sollten, was ein Leben ausmacht. Da muss noch einmal Kleinerts Charakterisierungsqualität betont werden: irgendwo zwischen Sekretär Wurm und Mephisto. Aber alle Differenzierung braucht kleine Inseln der Deutlichkeit, ob im Guten oder Bösen.
Also: Lob der Kenntlichkeit - für das Schlitzohr, das Schandmaul, die Finsterblicke. Kleinert, das ist spielende Zeugenschaft großer Bühnenereignisse - und das Deutsche Theater war mal so, dass man Düren, Esche, Keller, Schorn, Ludwig, Mann, Drinda, Körner, Piontek oder, oder, oder sagte und eben auch Kleinert meinte. Ensemble nennt man das - was beim genauen Hinsehen oft genug nur eine Vermutung bleibt, eine Schönfärbung, gar ein Mythos, ja, aber Volkmar Kleinert gehörte zu dem, was einem am DT so lange Zeiten so lieb und wichtig war.
In den Schweriner Kindergarten ging Kleinert gemeinsam mit Barbara Dittus und dem späteren Theaterstar in Dresden, Friedrich Wilhelm Junge. Der Lebensanfang als Talenteballung. Die Schlusskurven sind nicht immer so heiter und voll Hoffnung: Regine Beyer erzählt auch unumwunden - nach über hundert Film- und Fernsehrollen - von ABM und Computerkurs. Energie ist Zufuhr, aber auch: Haltung.
Ein kluges Buch - ohne Eitelkeit. Unterhaltsam - ohne Effektübertreibung. Berührend - ohne Gefühligkeit. Das letzte Foto des Buches zeigt Kleinert in der Rolle eines Musikprofessors im Film »Lara« mit Corinna Harfouch. Ein kantiger Kauz, ein harter, aber weiser Lehrer; er führt uns ein ins Gnadenreiche, aber auch Gnadenlos eines Lebens, wenn es mit einem Talent, ja, geschlagen ist. Auf diesem letzten Foto zieht Kleinert den Hut. Vor dem Publikum? Vor der Kunst? Es wirkt auch wie ein aufgeheitert bleibender Gruß ans Dasein zu zweit, mit Regina Beyer. Denn: Ein Schauspieler spielt selten allein. Schon gar nicht das wirkliche Leben.
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