• Politik
  • Berichterstattung in Medien

Forscher: Nennung der Nationalität von Verdächtigen hat zugenommen

2019 wurde Herkunft in jedem dritten Fall genannt / Kölner Silvesternacht als Wendepunkt

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. In der Berichterstattung über Gewaltdelikte in deutschen Medien hat die Nennung der Herkunft eines Verdächtigen nach Angaben des Medienexperten Thomas Hestermann drastisch zugenommen. 2014 habe die Nationalität mutmaßlicher Täter noch kaum eine Rolle gespielt, sagte der Professor der Hochschule Macromedia am Dienstag in Berlin. Die Silvesternacht von Köln beim Jahreswechsel 2015/16 habe alles geändert.

2017 sei in jedem sechsten Fernsehbeitrag über Gewaltdelikte die Herkunft von Verdächtigen genannt worden, 2019 sogar in jedem dritten, erklärte er mit Verweis auf eine eigene Untersuchung der Fernsehberichterstattung. Hestermann, der gleiche Effekte auch bei einer Untersuchung der überregionalen Zeitungen feststellte, sagte, genannt werde die Herkunft meist dann, wenn es Ausländer betreffe.

Er warnte vor einem Zerrbild: 69 Prozent der Gewalttäter 2018 seien Deutsche gewesen, erklärte Hestermann unter Berufung auf die Polizeistatistik. Das in Medien gezeichnete Bild sei damit nicht wahrheitsgetreu.

Die Änderung der betreffenden Richtlinie im Pressekodex bezeichnete er als »krasse Fehlentscheidung«. Der Presserat als Selbstkontrollorgan der deutschen Presse hatte im Frühjahr 2017 entschieden, dass die Herkunft genannt werden kann, wenn ein »begründetes öffentliches Interesse« daran besteht. Vorher galt, dass die Herkunft nur dann genannt werden soll, wenn ein Zusammenhang zur Tat besteht, etwa wenn die Tat nur durch die Nennung der Nationalität erklärbar wird. Die Richtlinie soll vor Diskriminierung schützen. epd/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.