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- Klimakonferenz in Madrid
Dinos mit großem Maul
Klimaschutzgegner wollen, dass in Sachen Klima alles beim Alten bleibt. Das wäre fatal.
UN-Klimakonferenzen sind ein Lehrstück in Sachen globaler Diplomatie. Tausende Verhandlerinnen und Verhandler aus aller Welt diskutieren über Textklammern, Kommata, Begrifflichkeiten, Zeitpläne und Verpflichtungen. Bis in die Nacht wird Klima-Monopoly gespielt: Gibst Du mir als armes Land mehr Cash für den Schutz vor Überschwemmungen, dann stimme ich zu, ob Du als reiches Land das Pflanzen von Bäumen als Klimaschutz anrechnen darfst. Wie bei jedem Vertragswerk entscheiden am Ende des Tages vermeintliche Kleinigkeiten darüber, wie viel CO2-Einsparungen ein Land auf den Tisch legen muss, wie viel Zeit ihm dafür bleibt, wie Gelder für Waldschutz und den Bau von Deichen berechnet und verteilt werden und wer für schon entstandene Klimaschäden aufkommen muss.
Von außen erscheinen die Mammutkonferenzen mit über 20.000 Angereisten, jedes Jahr auf einem anderen Kontinent, als sinnloser Zirkus. Erklärte Klimaschutz-Gegner von US-Präsident Trump über die AfD bis zum philippinischen Autokraten Duterte schütten regelmäßig ihren Spott über der Klimadiplomatie aus. Eigene Lösungen zur Klimakrise haben diese Zyniker nicht. Zu Hause schreien sie laut gegen Kohleausstieg und den Abschied vom klimschädlichen Öl in Verkehr und Industrie. Sie lenken lieber ab und ziehen über die internationale Zusammenarbeit her. Diese Dinos, so gut wie immer Männer aus Mittel- und Oberschicht, wollen, dass alles beim Alten bleibt.
Natürlich mahlen die Mühlen der Klimakonferenzen langsam. Doch nicht nur das: Die internationale Bühne spiegelt auch die weltweiten Ungerechtigkeiten wider, die zwischen Arm und Reich, Nord und Süd und Klimasündern und Klimaopfern klaffen. Nach einer Woche der Verhandlungen in Madrid, der einstigen Welthauptstadt des spanischen Kolonialimperiums, zeichnet sich immer mehr ab, was Kritiker des Pariser Klimaabkommens seit seiner Verabschiedung im Dezember 2015 befürchten: Die mächtigen Industrieländer, die ihren Wohlstand (neben der Jahrhunderte alten Ausbeutung ihrer eroberten Länder und Bevölkerungen) dem Verbrennen von Kohle und Öl verdanken, wollen diese Vormachtstellung auf keinen Fall verlieren.
Genau aus diesem Grund steht der Artikel 6 des Pariser Abkommens in Madrid ganz oben auf der Agenda. Denn die reichen Länder wollen mehr oder weniger so weitermachen wie bisher. Sie wollen sich Zeit für die Energiewende und den Abschied vom fossilen Verbrennungsmotor, vom Billig-Flieger sowie den Abschied von der Massentierhaltung erkaufen. Und das geht so: Schon unter dem Kyoto-Protokoll, dem Klimaschutz-Abkommen vor dem Pariser Vertrag, konnten reiche Länder in Entwicklungsländern Windräder bauen, Regenwald retten oder Filter in Kohlekraftwerke einbauen. Dafür gab es dann Zertifikate, die man als eigenen Klimaschutz anrechnen lassen konnte. Oder mit denen man Handeln konnte. Genau das soll auch mit dem Pariser Klimaabkommen möglich sein.
Leider waren die Projekte in den Entwicklungsländern oft ohne gute öffentliche Kontrolle, Menschenrechte wurde gebrochen, Indigene von ihren Ländern vertrieben. Nicht selten wurden die Einsparungen doppelt gebucht: einmal für das Projektland und einmal für das Auftraggeberland. Business as usual in der kapitalistischen Welt, die immer noch glaubt, der Markt rette nicht nur den Menschen, sondern auch das Klima.
Vergessen wir nicht: Selbst in Ländern wie Spanien ist Armut kein Fremdwort. Allein in der Hauptstadt leben über eine halbe Million Bewohner in Energiearmut. Sie können im Winter nicht heizen, frieren also gerade jetzt. Regelmäßig gibt es Berichte über alte Menschen, die in ihren eisigen Wohnungen erkranken oder sogar an Kälte sterben.
Ob die Klimakrise aufgehalten werden kann und wer den Preis dafür bezahlt, steht zur Zeit noch in den Sternen. Fest steht: Noch nie hat die Menschheit so viel CO2 in die Luft gepustet wie heute. In was für einer Welt wir in fünfzig Jahren leben werden, wissen wir nicht. Ob mit Millionen von Klimageflüchteten und hohen Mauern und Stacheldraht um die Wohlstandsinseln oder in einer gerechteren Welt - die Geschichte bleibt eine Reise ins Ungewisse.
Lorenz Gösta Beutin ist Energie- und Klimapolitiker der LINKEN im Bundestag
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