Menschenrecht mit Einschränkungen

Bei einer Veranstaltung der Grünen-Bundestagsfraktion wurde über Rendite in der Wohnungspolitik diskutiert

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Debatte um die Wohnungspolitik schlägt in Berlin hohe Wellen. Da war es erstaunlich, dass am Dienstagabend in der Hauptstadt fast zwei Stunden weitgehend sachlich über das Thema gesprochen und nur manchmal gestritten wurde. »Ware Wohnraum - Kapitalanleger und das Geschäft mit Immobilien«, war der Titel der Veranstaltung, zu der die Bundestagsfraktion der Grünen eingeladen hatte. Die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion, Lisa Paus, die die Diskussion moderierte, betonte, dass das Gespräch in Berlin stattfinde, weil hier der Bundestag sei und nicht, weil hier besonders heftig über Wohnungspolitik gestritten werde.

Die Professorin für geografische Stadtforschung, Susanne Heeg, erklärte, dass mit Marktmechanismen kein bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit wenig Einkommen geschaffen werden könne. Unterstützt wurde sie dabei von dem Steuerexperten Christoph Trautvetter, der in einer Studie die Steuervermeidungsstrategien großer Immobilienunternehmen untersucht hat. Er stellte auch klar, dass es in der Immobilienbranche nicht so einfach sei, die »Guten« von den »Bösen« zu trennen. Seine Untersuchungen hätten ergeben, dass nicht nur Konzerne wie Blackrock oder Blackstone, die im Fokus der Kritik stehen, für massive Mieterhöhungen verantwortlich sind. Auch das Evangelische Hilfswerk kenne keine Skrupel, wenn es um die Steigerung der Rendite gehe.

Konstantin Kortmann, der für Investment Germany Jones Lang LaSalle arbeitet, verteidigte vehement das Recht, auch mit Wohnungen Profite zu machen, wenn das ihm Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten geschehe. Problematisch werde das Streben nach Rendite nur, wenn es sich um illegale Aktionen wie Steuerhinterziehung handele.

Unter anderem der wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Christian Kühn, bezeichnete Wohnen als ein Menschenrecht. Kortmann wollte dieser Einschätzung mit einer entscheidenden Einschränkung zustimmen. Es gäbe kein Recht darauf, in einer bestimmten Gegend zu wohnen, beispielsweise im angesagten Innenstadtbereich. Daraufhin wurde es doch etwas lauter bei der Veranstaltung. »Bei Ihren Worten läuft es mir kalt den Rücken runter«, rief eine Mieterin. Sie habe seit Jahren versucht zu verhindern, dass Menschen mit geringen Einkommen in ihrer Nachbarschaft vertrieben werden. Heute betrachte sie ihr Engagement weitgehend als gescheitert.

Im Publikum saßen allerdings auch Personen, die sich für mehr Privateigentum in der Wohnungspolitik aussprachen. Sie lobten Kortmann ausdrücklich für seinen Mut, bei der Veranstaltung aufzutreten. Dabei gab es zumindest am Podium wenig grundsätzliche Kritik an seinen Standpunkten. Schließlich hatte auch Susanne Heeg eingestanden, dass sie trotz ihrer kritischen Position zur marktradikalen Wohnungspolitik in ihre Altersversorgung investiert habe. Da sei sie sicher nicht allein, erklärte Heeg. So manch einer im Publikum nickte mit dem Kopf.

Mittlerweile bewerben viele Immobilienkonzerne ihre Fonds als sichere Altersvorsorge. Das verhindert auch, dass die Grünen bei ihrer Kritik an der kapitalistischen Wohnungspolitik »aufs Ganze« gehen, wie es Wimpel versprachen, die im Veranstaltungsraum aufgestellt waren. Allerdings stellte Christian Kühn einige Reformvorschläge der Bundestagsfraktion vor, nach denen Wohnungen auch für Menschen mit geringen Einkommen gefördert werden sollen. Vor allem in der Steuerpolitik sollen die Stellschrauben angezogen werden. Dazu zählt die geplante Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes. Kühn sprach sich zudem dafür aus, mehr genossenschaftliches Wohnen zu fördern.

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