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»Wir fangen bei Null an«
Bei der Digitalisierung an Berliner Schulen gibt es noch viele Baustellen
»Ich würde gerne das interaktive Smartboard meiner Schule nutzen, leider ist es jedoch nicht in dem Klassenzimmer installiert, in dem ich unterrichte«, berichtet eine junge Erdkundelehrerin an einer Berliner Oberschule, die anonym bleiben will. Die älteren Kolleginnen und Kollegen, die in dem Klassenraum mit Smartboard unterrichten, wollten die Technik hingegen nicht nutzen.
Probleme wie diese zeigen: Berlin hat noch viel Aufholbedarf bei der Digitalisierung an Schulen. Im Rahmen des Digitalpakts Schule können seit diesem Jahr in der Hauptstadt Bundesmittel etwa für Smartboards, also interaktive Tafeln, beantragt werden. Gefördert werden auch pädagogische Schulserver, der Ausbau von W-Lan, digitale Arbeitsgeräte und schulgebundene mobile Endgeräte bis zu 25 000 Euro. Insgesamt stehen Berlin in den nächsten fünf Jahren 275 Millionen Euro zu. Bisher seien insgesamt rund 220 000 Euro bewilligt worden, so Martin Klesmann, Sprecher der Senatsbildungsverwaltung zu »nd«. Die Website der Senatsverwaltung spricht von »rund 38 Millionen Euro« die »voraussichtlich« investieren werden können.
Allein mit Infrastruktur ist es aber nicht getan. »Wir müssen ganz anders darüber nachdenken, wie und was wir lernen wollen. Die Digitalisierung ist nicht damit getan, dass ich im Unterricht mal ein paar Apps nutze«, meint Melanie Stilz vom Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre der TU Berlin.
Damit sichergestellt ist, dass die neue Infrastruktur auch effektiv und nachhaltig eingesetzt werden kann, müssen die Schulen im Rahmen des Förderantrags ein Medienkonzept erstellen, das unter anderem eine pädagogische Strategie und ein Fortbildungskonzept beinhalte, erklärt Klesmann. Dieses Medienkonzept sei auch Grundlage der Monitoring-Sitzungen mit Vertreter*innen des Senats, der regionalen Schulämter, des regionalen Hochbauamts sowie der IT-Regionalbetreuer der Bezirke, die die Bedarfe der Schulen klären sollen. Laut Website wurde am 11. Dezember die erste Runde abgeschlossen.
Sebastian Schädler, Dozent an der Evangelischen Hochschule Berlin und ehrenamtlich Leiter der AG Medienbildung in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), meint, dass die Kapazitäten, die der Digitalisierung unter Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) eingeräumt werden, viel zu gering seien. »Die politische Spitze setzt kein Signal dafür, dass die Digitalisierung an Schulen Priorität hat«, kritisiert er. Sonst hätte die Stabsstelle, die die Medienkonzepte der Schulen prüfen soll, nicht nur vier geplante Stellen, sondern mindestens acht. Obwohl die Stärkung der Medienbildung im Koalitionsvertrag verankert ist, sei da viel zu wenig passiert, meint Schädler.
An den Schulen sieht er prinzipiell viel Motivation, Digitalisierung zu gestalten. Bei den Lehrkräften gebe es ungefähr ein Drittel, das digital affin ist, dem es aber an Infrastruktur fehlt. Ein Drittel sei prinzipiell offen, bräuchte aber mehr Fortbildungen. Ein Drittel lehne Digitalisierung aus unterschiedlichen Gründen ab.
Unter den Ehrenamtlichen, die sich wöchentlich bei den sogenannten Edulabs über neue Bildungskonzepte austauschen und an offenen, lizenzfreien Bildungsmaterialien arbeiten, sind wohl auch einige der hochmotivierten Lehrer*innen. Auch Michael Merz ist hier aktiv. Der Unternehmer und Vater schulpflichtiger Kinder engagiert sich im Chaos Computer Club beim Thema Digitalisierung. »Gerade fangen wir bei Null an, vielleicht weniger als Null«, meint Merz.
Eine große Gefahr sieht Merz darin, dass Schulen bei der Digitalisierung auf kommerzielle Lösungen von Unternehmen zurückgreifen, die ihnen kostenlose Angebote »als Einstiegsdroge« anbieten, die dann aber unter anderem Datenschutzprobleme mit sich brächten. Gerade arbeitet er an einem Kriterienkatalog für sichere Digitalisierung an Schulen.
Bildungsforscherin Stilz schätzt die Edulabs als sehr engagierten, aber überschaubareren Kreis ein. Ein ehrenamtliches Nischenprojekt auf der großen Baustelle Digitalisierung.
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