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Lehrer werden verzweifelt gesucht

Nach Zahlen der Gewerkschaft GEW müssten pro Jahr 2000 Pädagogen eingestellt werden

  • Andreas Heimann
  • Lesedauer: 4 Min.

Lehrerinnen und Lehrer werden in Berlin händeringend gesucht. Daran wird sich weder im neuen Jahr noch bald danach etwas ändern. Je nach Schulform und Schulfach gibt es zwar große Unterschiede, nach Berechnungen der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) müssen bis zum Schuljahr 2026/27 jährlich aber rund 2000 Lehrer eingestellt werden, um den Bedarf zu decken. Und der nimmt zunächst noch zu - schon deshalb, weil Berlin wächst.

»Es gibt massiven Lehrermangel in Berlin«, sagt der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann. »Lehrermangel ist, wenn wir die Stellen, die neu besetzt werden müssen, nicht mit ausgebildeten Lehrkräften besetzen können, sondern auf Quer- und Seiteneinsteiger zurückgreifen müssen.« Und das ist zunehmend der Fall.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht die Lage positiver: »Die meisten Bundesländer suchen derzeit dringend neue Lehrkräfte. Anders als beispielsweise Nordrhein-Westfalen haben wir unsere offenen Stellen besetzen können.« Im Jahr 2019 wurden berlinweit allerdings 1649 Quer- und Seiteneinsteiger eingestellt - ein Anteil von 60,3 Prozent aller Einstellungen.

Das Problem wird nicht kleiner, die Zahl der Schüler steigt. Waren es im Schuljahr 2018/2019 noch rund 320 000, sind es an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen aktuell etwa 325 600, in acht Jahren sollen es nach Daten der Senatsbildungsverwaltung über 373 000 sein.

Gleichzeitig stehen in den Schulen viele Pensionierungen an. »Wir haben in Berlin einen wachsenden Bedarf an Lehrern und einen sinkenden Bestand wegen der zunehmenden Pensionierung«, fasst Dirk Stettner, bildungspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, das Dilemma zusammen.

Aber wieso ist es so schwer, die Stellen neu zu besetzen? Ein Faktor ist die zu geringe Zahl der Studenten, die in Berlin ein Lehramtsstudium abschließen: 2018 waren es 910, in diesem Jahr dürften es etwa gleich viele sein - das ist deutlich unter dem Bedarf.

Erst in den kommenden Jahren sollen es nach Einschätzung der Universitäten spürbar mehr werden - mit einer Größenordnung von 1330 bis 1540 ist für 2023 zu rechnen. »Die Unis sind in ihren Ausbildungskapazitäten in den rot-roten Sparjahren ziemlich beschnitten worden. Das ist einer der Hauptgründe für den Lehrermangel«, sagt Erdmann.

Hinzu kommt: Nicht alle Lehramtsabsolventen beginnen in Berlin ein Referendariat. In den vergangenen Jahren waren es nach den Daten der GEW jeweils etwa drei Viertel, 2018 nur 70,4 Prozent. Die übrigen starten ihr Referendariat anderswo oder entscheiden sich gleich für einen anderen Beruf. »Referendare bekommen in Berlin weniger als in vielen anderen Bundesländern, auch weniger in Brandenburg«, sagt Erdmann. »Wir fordern, dass Referendare 300 Euro mehr bekommen sollen.« Schließlich seien für die Referendare die gestiegenen Mieten in der Hauptstadt oft ein ernstzunehmendes Problem.

Die Berliner CDU-Fraktion plädiert sogar dafür, Referendaren eine Zulage von monatlich 500 Euro zu zahlen. Voraussetzung sei, dass sie anschließend für mindestens fünf Jahre in der Hauptstadt als Lehrer arbeiteten, sagt Stettner. Und nicht nur das: Lehrer, die nach Berlin ziehen, sollen eine Einmalzahlung von 5000 Euro erhalten plus ein Jahresticket für den ÖPNV.

Bildungssenatorin Scheeres sieht ebenfalls, dass etwas getan werden muss, um Lehrkräfte für die Hauptstadt zu gewinnen: »In Berlin haben wir das Gehalt unserer Grundschullehrkräfte erhöht, sie werden jetzt bezahlt wie Gymnasiallehrkräfte. Das soll auch die Arbeit an Grundschulen attraktiver machen«, so die SPD-Politikerin. Scheeres fordert außerdem die Wiedereinführung der Verbeamtung: »Berlin ist das einzige Bundesland, das Lehrerinnen und Lehrer nicht verbeamtet. Das ist ein Standortnachteil.«

Auch Dirk Stettner hält das für eine sinnvolle Maßnahme. Allerdings sind die Koalitionspartner der SPD, Grüne und Linkspartei, dagegen. Und damit dürfte es so schnell keine entsprechende Entscheidung geben. Stettner weist auch auf andere Faktoren hin, die die Arbeit als Lehrer in Berlin aus seiner Sicht wenig attraktiv machen: »unzumutbare Sanitärbereiche« in vielen Schulen zum Beispiel und »eine katastrophale technische Ausstattung«.

Für den GEW-Vorsitzenden Tom Erdmann sind vor allem die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbesserungswürdig. Wer den Lehrerberuf attraktiver machen wolle, müsse die Arbeitsbelastung senken. Das könne schon dadurch passieren, dass Lehrkräfte von unnötigen Verwaltungsaufgaben entlastet würden. dpa

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