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Mieter müssen selber klagen

Rot-rot-grüne Koalition modifiziert Gesetzentwurf zum Mietendeckel

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.

Es war ein großer Teil des Charmes des geplanten Gesetzes zum Mietendeckel, mit dem die Mieten in der Hauptstadt unter anderem für fünf Jahre eingefroren werden sollen: Nicht wie im bundesgesetzlichen Mietrecht muss der Mieter sein Recht persönlich vor Gericht einklagen. Sondern das Amt stellt per Bescheid fest, welche Miethöhe den landesgesetzlichen Bestimmungen entspricht und welche nicht. Doch diese Lösung, die unter anderem der Berliner Mieterverein als wegweisend für die Durchsetzung gesetzlicher Bestimmungen ansah, wird nicht kommen.

Zumindest, wenn der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von SPD, LINKE und Grünen so eingebracht wird, wie er am Dienstag vorliegt, heißt es aus dem Umfeld der mit dem Verfahren betrauten Akteure. Diesen Mittwoch soll der Antrag in einer gemeinsamen Sitzung von Hauptausschuss und Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt werden, damit das Gesetz wie geplant am 30. Januar bei der Parlamentssitzung beschlossen werden kann.

Das geplante »Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung«, wie das Gesetz offiziell heißt, solle, entgegen der ursprünglichen Intention der Stadtentwicklungsverwaltung, ein sogenanntes Verbotsgesetz werden, wird berichtet. »Verboten« wird es sein, gegen den rückwirkenden Mietenstopp zum Stichtag 18. Juni 2019 zu verstoßen, genauso wie gegen die Preisregelungen zur Wiedervermietung von Wohnungen nach Inkrafttreten des Mietendeckels. Das gleiche gilt für die Absenkung von Mieten, die neun Monate nach Verkündung des Gesetzes beantragt werden können.

Das Amt teilt dem Mieter auf Antrag mit, wie hoch entsprechend der Regelungen der Mietzins für dessen Wohnung ist. Reagiert der Vermieter nicht auf diese Feststellung, muss der Mieter zivilrechtlich vor Gericht klagen. Den zuständigen Ämtern soll es trotzdem möglich sein, Maßnahmen zur Durchsetzung des Gesetzes zu ergreifen, gezwungen sind sie allerdings nicht. Das könnte dazu führen, dass je nach dem politischen Interesse im jeweiligen Bezirk der Mietendeckel intensiver oder zurückhaltender durchgesetzt wird.

»Wir wollen klarstellen, dass es sich um ein Verbotsgesetz handelt«, bestätigt Steffen Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion dem »nd«. »Wir sind bemüht, aus Sicht der Mieterinnen und Mieter eine Klarheit der Rechtsnormen zu bekommen. Diese sollten keinesfalls verunsichert werden«, berichtet er aus den bisherigen Schlüssen der Expertenanhörung. Man sei in den »Schlusszügen der Auswertung«.

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Bei der gemeinsamen Anhörung im Stadtentwicklungs- und Rechtsausschuss Mitte Dezember 2019 hatten Juristen mehrere Formulierungen des Gesetzentwurfes moniert, da sie die Gefahr bergen, dass das Land Berlin seinen kompetenzrechtlichen Rahmen im Verhältnis zum Bund überschreitet. Ob die nun gefundene Regelung die Chancen für das Landesgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht steigen oder sinken lässt, darüber scheiden sich die Geister unter Juristen.

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Im Änderungsantrag der Koalition soll auch die Härtefallregelung für Vermieter genauer spezifiziert worden sein. Wer belegen kann, dass er mit den im Gesetz auferlegten Mietobergrenzen von beispielsweise 6,45 Euro nettokalt pro Quadratmeter in Altbauten bis 1918 die Immobilie nicht bewirtschaften kann, darf eine höhere Miete verlangen, wenn die Gründe außerhalb seines Verantwortungsbereich liegen. Dabei sollen nur marktübliche Renditen anerkannt werden, keine künstlich aufgeblähten Kosten.

Beklagt werden wird das Gesetz auf allen juristischen Ebenen, das hat die Opposition bereits angekündigt. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) hatte kürzlich die Hoffnung geäußert, dass das Bundesverfassungsgericht möglichst schnell entscheidet, um eine jahrelange juristische Hängepartie zu vermeiden. In der Immobilienbranche wird nicht nur gegen das Gesetzesvorhaben gewettert, es werden auch juristische Umgehungsmöglichkeiten geprüft. Pünktlich am 30. Januar, zur Verabschiedung des Gesetzes, trifft sich die Branche zu einem entsprechenden Workshop in Berlin.

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