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Lernen lässt sich auch mit Nikab
Hamburger Gericht erlaubt Verschleierung im Unterricht - Gesetzliche Regelung wird auch in Schleswig-Holstein diskutiert
Vom Gesicht ist nur die Augenpartie zu sehen, wenn eine muslimische Frau den Geboten ihrer Religion folgend den Nikab trägt. Mit solch einer Verschleierung erschien eine 16-Jährige in Hamburg zum Unterricht in ihrer Berufsschule und stieß dort wegen der traditionellen Kleidung auf harsche Ablehnung. Appellen, sie möge auf das Verhüllen ihres Gesichtes verzichten, folgte die angehende Einzelhandelskauffrau nicht und auch nicht einem Nikab-Verbot seitens der Schulbehörde. Die Mutter der Schülerin legte Widerspruch ein, klagte, und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts gab ihr Recht, stellte fest: Das Verbot ist wirkungslos, vor allem, weil es keinen gesetzlichen Hintergrund hat.
Diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) am Montag bestätigt. Bei ihm hatte die Behörde gegen den Spruch der ersten Instanz Beschwerde eingelegt. Der Spruch des OVG ist nicht anfechtbar. Nun wird die Sache zum Politikum. Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte am Sonntag angekündigt, falls die Schulbehörde auch vor dem OVG scheitert, solle durch eine Änderung des Hamburger Schulgesetzes das Tragen eine Vollverschleierung im Unterricht untersagt werden. »Egal, was welche Kultur oder Religion vorschreibt: In der Schule zeigt jeder offen das Gesicht«, zitiert ihn der NDR. Pädagogische Prozesse basierten auf der Kommunikation der Lehrenden und Lernenden sowie der Schülerinnen und Schüler untereinander. Dies funktioniere nur, wenn auch Mimik und Gestik in die Kommunikation einbezogen würden, sagte der Senator.
Die von ihm angeregte Ergänzung des Schulgesetzes wird auch in anderen Bundesländern diskutiert oder ist - in Bayern und Niedersachsen - beschlossen worden. In Schleswig-Holstein ist ein solcher Schritt bereits seit Februar 2019 Thema auf der landespolitischen Ebene und sorgt nach wie vor für Dissonanzen in der Jamaika-Koalition. Während CDU und FDP im Hochschulgesetz das Verbot von Nikab und Burka durchsetzen wollen, lehnt das die Grünen-Landtagsfraktion ab. Anlass zu der kontroversen Debatte war der Fall einer muslimischen Studentin gewesen, die Vorlesungen der Kieler Christian-Albrechts-Universität im Nikab besucht und ein Verschleierungsverbot des Uni-Präsidiums ignoriert hatte,
Die Hochschule hatte daraufhin die Politik um eine gesetzliche Regelung gebeten. Jüngst war die Sache auf einer Landtagsanhörung erörtert worden, wo es jedoch nicht zur Einigung kam. Christ- und Freidemokraten beharrten auf ihrem Verbotskurs. Die Grünen gaben zu bedenken: Das Grundgesetz garantiere Religionsfreiheit. Eine weltoffene und rechtsstaatliche Gesellschaft zeichne aus, dass religiöse Symbole getragen werden dürfen oder auf sie verzichtet werden könne, heißt es aus der Partei.
Hamburgs rot-grün geführte Bürgerschaft, das Parlament der Hansestadt, wird sich voraussichtlich für ein Verschleierungsverbot im Schulgesetz entscheiden. Die SPD dürfte ihrem Genossen Rabe folgen und der Neuregelung zustimmen, das wird auch - anders als in Kiel - der Koalitionspartner tun. Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, erklärte am Montag: »Im Unterricht ist es zentral, das Gesicht des anderen zu sehen, damit eine vernünftige Interaktion und eine gute Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden kann. Bei einer Vollverschleierung ist das nicht möglich, deshalb lehnen wir sie im Unterricht ab.« Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zeige, dass es keine gesetzliche Grundlage für ein Verbot gibt. »Das müssen wir jetzt ändern«, so Tjarks. Entsprechende Zustimmung zu einer Novellierung haben auch CDU und FDP signalisiert.
Die Hamburger Berufsschülerin indes darf seit Montag im Nikab zum Unterricht erscheinen und ihrer Schulpflicht nachkommen. Denn, so das Verwaltungsgericht in seiner 15-seitigen Begründung, im Gegensatz zur Schulbehörde folge es nicht der Auffassung, dass »unter Teilnahme am Unterricht nur eine Teilnahme ohne Gesichtsschleier zu verstehen sei«.
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