Erinnern statt Verdrängen

Christian Klemm will das Relief »Judensau« in Wittenberg hängen lassen

Liest man die antisemitischen Pamphlete von Martin Luther und weiß nicht, dass sie von ihm stammen, könnte man annehmen, NS-Propagandaminister Joseph Goebbels wäre der Autor. Luther bezeichnete die Juden nämlich als »verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding« und forderte, »ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anzustecken«. Kein Wunder also, dass der Reformator nach der »Machtergreifung« der Nazis wieder in Mode kam. Um auf diese Kontinuitäten in der deutschen Geschichte hinzuweisen, ist es wichtig, die Wittenberger »Judensau« hängen zu lassen. Als Mahnmal - und als Warnung.

Wenn man das Relief in Wittenberg abmontiere, wie es der Kläger Michael Düllmann vor Gericht fordert, dann hätte man erstens richtig viel zu tun. Denn die antisemitischen Plastiken stehen und hängen im ganzen Land. Und zweitens wäre diese Demontage ein fatales Signal, das da lautet: Die evangelische Kirche will ihr antijudaistische Erbe unter den Teppich kehren.

Dabei brauchen wir in Zeiten des Rechtsruckes genau das Gegenteil: ein ständiges Erinnern daran, dass Juden gegängelt, verachtet und auch systematisch vernichtet wurden. Deshalb ist das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg, die Klage Düllmans zurückzuweisen, eine gute Entscheidung.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.