Verfassungsschutz darf verschlüsselter Kommunikation überwachen

Ein Reformpapier will Befugnisse ausweiten, die bisher ineffektiv genutzt werden

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Bundesregierung will dem Verfassungsschutz in Zukunft erlauben, verschlüsselte Kommunikation zu überwachen und Computer von möglichen Extremisten zu durchforsten. Damit das nicht in eine ausufernde Überwachung mündet, sieht die geplante Reform des Verfassungsschutzgesetzes allerdings auch mehr parlamentarische Kontrolle für den Inlandsgeheimdienst und strenge Regeln für die Anordnung solcher Maßnahmen vor.

Das Vorhaben aus dem Haus von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll bald den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt werden. Das Innenministerium soll laut dem Entwurf das Parlamentarische Kontrollgremium künftig in Abständen von höchstens sechs Monaten über die vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) angeordnete Überwachung von Wohnungen unterrichten.

Außerdem soll das geheim tagende Gremium erfahren, wenn jemand länger als 48 Stunden observiert wird, wenn verschlüsselte Chats überwacht oder Computer gehackt wurden. Experten rechnen mit 20 bis 40 Fällen pro Jahr, in denen solche Methoden zum Einsatz kommen.

Kritik von Links

Die Linkspartei ist trotz der zusätzlichen Kontrollmöglichkeiten dagegen. »Das Problem beim Verfassungsschutz sind nicht zu wenige sondern zu viele Befugnisse«, sagte ihre Innenexpertin Martina Renner. Die Ermittler der Polizei verfügten bereits über die notwendigen Mittel, um effektiv gegen rechte Netzwerke vorzugehen. In der Praxis werde trotzdem oft zu spät gehandelt, sagte sie der dpa.

»Mich ärgert, dass die gleichen Leute, die dem Verfassungsschutz die Online-Durchsuchung und die Quellen Telekommunikationsüberwachung nicht gestatten wollen, gleichzeitig über die angebliche Unfähigkeit dieser Behörde klagen - das ist nicht fair«, sagte der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Armin Schuster (CDU). Aus seiner Sicht ist es zu riskant, den Verfassungsschutz weiter mit Methoden von gestern auf die Suche nach den Terroristen von heute zu schicken.

Für Jan Korte, parlamentarischer Geschäftsführer der Linkspartei im Bundestag, ist Schuster eine glatte Fehlbesetzung. »Obwohl der Kollege Schuster selbst am besten weiß, dass man sie nicht mal im Ansatz kontrollieren kann, wollen er und die Bundesregierung den Geheimdiensten immer weitere Ausforschungs- und Manipulationsmöglichkeiten eröffnen«, kritisiert Korte. Das sei völlig unverantwortlich. »Da hätte man im Parlamentarischen Kontrollgremium statt Schuster auch gleich den Bock zum Gärtner machen können«, sage Korte dem »nd« weiter.

Ausbau des Militärischen Abschirmdienstes

Im Zuge der geplanten Reform will der Bund auch Probleme beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) beheben. Dazu sollen der Verfassungsschutz und der für Extremisten und Spionage bei der Bundeswehr zuständige MAD enger zusammenrücken. Der Entwurf eröffnet beispielsweise die »Möglichkeit, den MAD vollständig in den Informationsverbund der Verfassungsschutzbehörden zu integrieren«.

Das bedeutet, dass der MAD genauso wie das BfV und die Landesämter für Verfassungsschutz Daten aus dem Informationssystem des Verfassungsschutzverbundes abfragen und dort auch speichern dürfte.Bis zu einer technischen Umsetzung dieses Vorhabens könnten sich der Inlandsgeheimdienst und der MAD übergangsweise gegenseitig Zugriffsrechte für ihre Datenbanken einräumen, heißt es in dem Entwurf.

Im konkreten Einzelfall kann der MAD zwar auch jetzt schon Informationen vom Verfassungsschutz einholen. Eine direkte Abfrage, bei der nach bestimmten Kriterien gesucht werden kann, ist ihm dort aber ebenso wenig möglich wie die Speicherung von Daten. Im vergangenen Jahr hatte der MAD bereits mehr Stellen und eine eigene Abteilung für die Abwehr von Extremisten erhalten. dpa/nd

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