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Fragen des Kragens

Velten Schäfer fliegt mit SPD und Warburg-Bank nach Ibiza

  • Lesedauer: 3 Min.

Allmählich steuern wir auf das Ibiza-Jubiläum zu. Nicht nur auf den 200. Geburtstag der Baleareninsel als zivilisiertes Eiland, auf dem man ab etwa halbwegs 1820 in Frieden leben konnte, weil das lange beherrschende Pirateriegewerbe eingehegt worden war. Sondern auch auf den Jahrestag von »Ibiza« als Sinnbild des Umstands, dass die derzeit reüssierenden Saubermannparteien der »Kleinen Leute« gern recht unsauber mit den großen Leuten spielen.

Vor diesem Einjährigen mag man sich in H.C. Straches Kopf versetzen, um sich an seinem Ärger über den Moment zu laben, in dem sein Absturz begann. Ist es weit hergeholt, dass sich der Ex-FPÖ EX-Vizekanzler weniger dafür schämt, was er dort anbot als wie er dabei aussah? Schmerbäuchig im Unterhemd, binnen Minuten vom gefürchteten Impresario zum Kleindarsteller in einer korrupten Schmierenkomödie?

Dass Straches mutmaßliche Gefühlslage von politischer Gewissenlosigkeit zeugt, ist geschenkt: Auf dieser Ebene ist er erledigt. Dass aber ein solcher Ärger des »Instinktmenschen« über das Wie statt Was exakt ins Zentrum der politischen Kultur träfe, zeigt sich derzeit in Hamburg. Dort hat 2017 etwas stattgefunden, was Straches Gaunerstück durchaus nahekommt, aber kaum ein »deutsches Ibiza« werden wird.

Offenbar - es gilt, wie man in Österreich sagt, die Unschuldsvermutung - hat sich dort die regierende SPD zum massiven Schaden des Landes diskret hinter die in Steuerbetrug verstrickte Warburg-Bank gestellt und diese quasi beraten. Der damals regierende Olaf Scholz habe signalisiert, man müsse sich nicht über eine Rückzahlung von knapp 50 ergaunerten Millionen sorgen. Und SPD-Allzweckwaffe Johannes Kahrs habe sich erboten, in Berlin den Stand der Dinge auszubaldowern. So hielt es Warburg-Banker Christian Olearius in beschlagnahmten Privatnotizen fest.

Auch wenn diese, soweit bekannt, nichts über etwaige Gegenleistungen sagen, ist das doch eigentlich ein Ibiza-Stoff. Aber eben nur »eigentlich«: Weil wir im Hamburger Fall nicht sehen, fast riechen können, wie die Herren redeten, sich gaben und was sie vielleicht tranken, weil wir nicht hören können, in welchen Worten sich vielleicht der großmäulige Kahrs mit offenem Hemdkragen über Berliner Eierköpfe beömmelte, bleibt dieser Skandal seltsam theoretisch: So kann es sich Scholz offenbar erlauben, die zunächst schlicht geleugneten Kontakte nun plötzlich einzuräumen. Und Olearius meint, er könne das Ganze mit etwas Wichtige-Leute-Blabla vom »normalen und wünschenswerten Dialog zwischen Politik und Wirtschaft« abbügeln.

Es ist gut möglich, dass man mit sowas durchkommt. Ein trauriger Zwischenstand, der an den Soziologen Pierre Bourdieu erinnert hinsichtlich des Verhältnisses des Körperlichen zum rationalen Urteil: Ohne den Mitschnitt wäre auch das detaillierteste Wissen über »Ibiza« nichts gewesen. Strache hätte sich mit ein paar Stanzen über »strategische Investments« herausgeredet.

So aber brach ihm das Fehlen des Kragens das Genick. Und vielleicht der Spirit jener Villen auf Ibiza: Schließlich wurden diese einst deswegen in so diskreter Verstreuung errichtet, um entweder den Piraten nicht aufzufallen - oder ganz ungestört schmutzige Geschäfte machen zu können.

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