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»Beauftragte gibt es viele«
Horst Seehofer will nach Hanau nun »Antirassismusbeauftragter« sein und sorgt für Skepsis
»Wir haben ein Repräsentationsdefizit«, sagte Dr. Marta Neüff am Donnerstag in Berlin. »Wie kann es sein, dass ein Viertel der Menschen in unserem Land - wir Menschen mit Migrationsgeschichte - nicht auf Regierungsebene vertreten sind?«. Die Worte der Vorsitzenden des Polnischen Sozialrates, die mit weiteren Migrant*innenorganisationen nach dem Terroranschlag von Hanau in der Bundespressekonferenz Bilanz ziehen, erreichen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zunächst nicht.
Er ist zeitgleich auf der anderen Seite der Spree und verkündet am Rande der Innenausschusssitzung im Bundestag auf die Frage, ob es denn nach Hanau einen Antirassismusbeauftragten brauche: »Ich bin der Antirassismusbeauftragte«.
Es sind Worte, die nicht nur die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen mit Skepsis aufnimmt. Zu frisch sind die Erinnerungen an Äußerungen, mit denen Seehofer in den vergangenen Jahren die CSU auf einem Kurs hielt, der kaum von der AfD zu unterscheiden war.
»In der Vergangenheit ist er mir nicht besonders aufgefallen, wenn es um antirassistische oder rassismuskritische Themen ging«, sagt der Sprecher der türkischen Gemeinde, Dr. Cihan Sinanoglu. »Er ist uns etwas schuldig, wenn er tatsächlich diese Rolle übernehmen will. Ich bin da aber sehr, sehr skeptisch.«
Erinnerungen an die Äußerungen Seehofers über Migration, als »die Mutter aller Probleme« und Zuwanderung, die er »bis zur letzten Patrone bekämpfen« wolle, wirken nach. Die Migrant*innenorganisationen wünschen sich als direkt vom Rassismus Betroffene eine politische Wende. Ein Kabinett ohne Frauen und Ostdeutsche sei mittlerweile nicht mehr denkbar, doch migrantische Erfahrungen sind in der aktuellen Regierung nicht aufzufinden.
»Wir möchten gerne, dass das Thema endlich Chefinnensache wird«, sagt Farhad Dilmaghani, Vorsitzender des Vereins DeutschPlus und verweist auf die Reaktionen, zu denen sich die Regierung Merkel bei der Zuwanderung in den Jahren 2015 fähig zeigte. Trotzdem brauche es mehr, um migrantisches Leben in Deutschland besser zu integrieren. Bis eine angemessene Repräsentanz in Regierung und Behörden erreicht sei, brauche es eine Quote.
Saraya Gomis sorgt sich, dass es bei Symbolpolitik bleiben könnte. Ein quasi nebenamtlich tätiger Beauftragter sei keine Lösung, sondern »in keinster Weise nachhaltig, effektiv oder in irgendeiner Weise wirkungsvoll. Von diesen Beauftragten haben wir inzwischen ja auch genügend«. Ihr Verein EOTO - Each One Teach One - setzt sich für die Interessen schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland und Europa ein.
Maßnahmen im Bereich der Sicherheitspolitik, reichten allein nicht aus. Sie fordern weiter, die Bundesregierung solle daran arbeiten, den Begriff »Rasse« aus dem Grundgesetz tilgen, die NSU-Morde aufzuklären und einen Partizipationsrat einzurichten, der sich als Expertengremium mit gesellschaftlicher Vielfalt befassen soll. Antirassismusarbeit müsse aber auch Menschen erreichen, die von Ängsten betroffen sind, wie denen vor der vermeintlichen »Globalisierung«, »Überfremdung« und vor »Jobverlust«. Wie dringend das ist, spüren Migrant*innen täglich. Auf dem Wohnungsmarkt, in der Öffentlichkeit, überall.
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