- Politik
- Bernd Riexinger
Linke stellt sich ein Bein
Scharfe Kritik an Parteichef und Genossin nach Äußerungen auf Konferenz
Zwei Nebensätze, die auf einer Tagung der Linken gefallen sind, bringen die Partei in Schwierigkeiten. Derweil hat sich die Spitze der Linksfraktion am Dienstagabend noch einmal von einem Alleingang einer Gruppe von acht Abgeordneten distanziert. Sie hatten Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung wegen deren Duldung des US-Drohnenkriegs von der deutschen Airbase Ramstein aus gestellt, ohne dies mit der Fraktion abzustimmen. Die Fraktionsvorsitzenden unterstrichen zugleich, sie verurteilten die US-Drohnenmorde von deutschem Boden ebenfalls.
Steilvorlage für Rechte
Die Äußerungen, die jetzt für Turbulenzen sorgen, fielen am Samstagabend auf der Linke-Strategiekonferenz in Kassel. Einen Mitschnitt der Veranstaltung veröffentlichte die Partei selbst auf Youtube. Am Dienstag wurde ein Ausschnitt daraus verbreitet. Darin ist zu sehen und zu hören, wie eine Berliner Genossin sagt: «Energiewende ist auch nötig nach 'ner Revolution. Und auch wenn wir das eine Prozent der Reichen erschossen haben, ist es immer noch so, dass wir heizen wollen (...)». Riexinger reagiert darauf scherzhaft: «Na, wir erschießen sie nicht, wir setzen sie schon für nützliche Arbeit ein.»
Diese Sätze werden nun von CDU und Rechten als Beweis dafür genommen, dass die Linke eine Partei sei, die Mord und stalinistische Arbeitslager befürworte. CSU-Generalsekretär Markus Blume forderte deshalb Riexingers Rücktritt.
Am Mittwoch äußerte sich auch der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner zu dem Vorfall wie auch indirekt zur Drohnen-Anzeige. «Teile der Linkspartei arbeiten hart an der Sabotage jeder Regierungsoption», sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Linke solle «den Wahnsinn in ihren Reihen eindämmen», forderte er.
Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, appellierte unter Verweis auf die strittigen Äußerungen an die Thüringer CDU, dafür zu sorgen, «dass die SED/Linke» in nicht den Ministerpräsidenten stellen könne.
Empörung bei Ramelow
Nicht verwunderlich, dass Bodo Ramelow, der am Mittwoch erst im dritten Wahlgang erneut zum Thüringer Regierungschef gewählt wurde, besonders sauer über den Fauxpas von Kassel war. Er erklärte, ebenfalls auf Twitter: «Wer Menschen erschießen will und von einer Revolution mit oder durch Gewalt schwadroniert, hat mit meinem Wertekanon nichts gemein. Das sei »inakzeptabel und hätte nie lächelnd übergangen werden dürfen«, so Ramelow.
Riexinger hatte zuvor erklärt, der Kommentar der Genossin sei »inakzeptabel, wenn auch erkennbar ironisch« gewesen. Er bedauere, dass er ihre Äußerung »nicht sofort unmissverständlich zurückgewiesen« habe. Sandra L., Verursacherin des Ärgers, bat um Entschuldigung. Gegenüber dpa sprach sie von einer »Gedankenlosigkeit«. Ihre Aussage widerspreche »völlig meinen politischen Ansichten. Ich verabscheue Gewalt gegen Menschen«.
Scharfe Kritik äußerte derweil auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer, der von einer »Vollkatastrophe« sprach, die sich die Linke derzeit weniger leisten könne denn je.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.