Unternehmen kürzen ihre Investitionen

UN-Experten rechnen mit tieferer Rezession als 2009

Die UN-Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad) geht davon, dass die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen im Zuge der Coronakrise in den Jahren 2020 und 2021 um 30 bis 40 Prozent einbrechen könnten. Dies teilte die Genfer Organisation am Donnerstag auf Grundlage aktualisierter Berechnungen mit. Zum Vergleich: In der Weltwirtschaftskrise 2009 waren die ausländischen Direktinvestitionen um 35 Prozent eingebrochen.

Zu diesen zählen neue Anlagen auf der »grünen Wiese«, aber auch Finanzanlagen und Übernahmen. Bei Letzteren ist die Entwicklung bereits am heftigsten zu spüren - im ersten Quartal 2020 brachen sie um 70 Prozent ein. Erstaunlich, da stark sinkende Börsenkurse Übernahmen erheblich verbilligen.

Grundlage der neuen Unctad-Prognose sind revidierte Zahlen der größten multinationalen Konzerne. So haben inzwischen 61 Prozent von ihnen ihre Umsatzerwartungen gesenkt. Dies wird auch dazu führen, dass Investitionsvorhaben verschoben, gekürzt oder gar gestrichen werden. Schlussfolgerung der UN-Experten: »Covid-19 ist nicht länger nur ein Problem der globalen Lieferketten.« Mittlerweile stellten sich die Unternehmen auf eine längerfristige weltweite Rezession ein. »Es ist jetzt offensichtlich, dass Anstrengungen zur Pandemie-Entschärfung und Sperrungen rund um die Welt verheerende Auswirkungen auf alle Ökonomien unabhängig ihrer Verbindung zu den weltweiten Lieferketten haben werden.«

Am stärksten betroffen von Umsatzrückgängen werden nach Einschätzung der Unctad der Energiesektor (Öl- und Gasförderer) und Grundgüterindustrien sein. Dann erst folgen Airlines und Autoindustrie. Diesmal, so die UN-Experten, könnten die Auswirkungen noch »signifikant schlimmer« sein als 2009, da sie großflächiger seien und Entwicklungsländer genauso hart träfen wie Industriestaaten. Einen Lichtblick hat die Unctad aber auch parat: Der erwartete Umsatzeinbruch in China fällt mit minus 21 Prozent weniger heftig aus als noch vor wenigen Wochen befürchtet.

Sollten die Unternehmen ihre Investitionen so stark kürzen, wie es die UN-Experten prognostizieren, wird sich dies gerade in der Erholungsphase nach den Corona-Maßnahmen bemerkbar machen. Dies bremst nämlich den Aufschwung. Eine klare Botschaft an die Finanzpolitik, die bisher durch Liquiditätshilfen eine Pleitewelle zu verhindern sucht. Wegfallende Privatinvestitionen müssen durch massive staatliche Programme kompensiert werden.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!