- Berlin
- Coronakrise
Solidarische Vermieter in Berlin gesucht
Kleine Gewerbetreibende sind auf echte Nachlässe angewiesen, um wirtschaftlich zu überleben
Mietenbrücke, so nennt sich die Initiative aus Berlin, die vor allem Ladenmietern, aber auch zahlreichen Projekten helfen soll, die Coronakrise wirtschaftlich zu überstehen. »Es braucht jetzt echten Mieterlass oder Mietabsenkung, gerade um oft prekär wirtschaftenden Gewerbemieter*innen eine stabile Zukunft zu ermöglichen«, heißt es in einem Aufruf der Initiative. Vermieter sollten aktiv auf ihre Gewerbemieter mit entsprechenden Angeboten zugehen, bitten die Initiatoren, Mitstreiter von stadtpolitischen Initiativen und Projekten aus Friedrichshain-Kreuzberg. Sie engagieren sich unter anderem in der Stadtbodenstiftung oder der Gewerbegenossenschaft Eine für Alle eG, alle mit dem Ziel einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung.
Denn »viele Menschen und Betriebe sind von Überschuldung bedroht, wenn sie zwischenzeitlich nicht geleistete Mietzahlungen später begleichen müssen«, schreiben die Initiatoren. »Es gab viele positive Stimmen, aber auch vereinzelt Kritik, dass wir versuchen, die Immobilienwirtschaft positiv darzustellen«, berichtet Julian Zwicker von der Initiative. »Aber Gewerbemieter sind rechtlich so ungeschützt, dass sie auf einen Dialog mit dem Vermieter angewiesen sind.«
Die am Montag gestartete Initiative konnte inzwischen mit der Wohnungsgenossenschaft Neukölln mit knapp 4000 Wohnungen und 31 Gewerbeeinheiten bereits ein gutes Beispiel auf seiner Internetseite präsentieren. Auch die gemeinwohlorientierte Elsbachstiftung ist dabei.
Es gibt weitere Fälle, bei denen die Beteiligten allerdings ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen. So erhielt ein Kneipenkollektiv aus der Neuköllner Weserstraße die mündliche Zusage für einen 60-prozentigen Mietrabatt. »Wir mussten auf den Vermieter zugehen. Es ist auch in seinem Interesse, sonst hätte er sich neue Mieter suchen müssen«, so ein Kollektivmitglied zu »nd«.
Am Dienstag erneuerten der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen und der Berliner Mieterverein die von den jeweiligen Bundesverbänden gemeinsam erhobene Forderung nach einem »Sicher-Wohnen-Fonds«. Wenn der Bund diesen nicht auflege, um Mieter und Vermieter finanziell zu unterstützen, müsse Berlin es tun, hieß es.
»Ein ›Sicher-Wohnen-Fonds‹ sichert mit staatlichen Mitteln die Einnahmen der Vermieter, ihre Profite bleiben unangetastet«, kritisiert Philipp Möller von der Berliner Mietergemeinschaft die Idee auf Twitter. Die »Minimalforderung, staatliche Hilfen mit einem Mietenstopp und öffentlich definierten Obergrenzen« zu verbinden, bleibe unerfüllt.
Das wirtschaftsnahe Institut Empirica schlägt einen Wohnkreditfonds vor, der zunächst die Forderungen der Vermieter bedient und anschließend versucht, diese bei den Mietern einzutreiben. Mögliche Verluste sollten »durch eine Vermögensabgabe auf alle Vermieter/Grundeigentümer ausgeglichen werden«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.