Mit neuen Schulden durch die Krise
Sachsen-Anhalts Landtag soll Nachtragshaushalt über 500 Millionen Euro beschließen
Vor 13 Tagen haben die Abgeordneten des Landtags von Sachsen-Anhalt den regulären Etat für 2020 und 2021 beschlossen - angesichts der Coronakrise in einer Sitzung, in der man Reden nur zu Protokoll gab. Jetzt tagt das Parlament erneut und berät, auch mit Aussprache, über einen Nachtragshaushalt. Er soll an diesem Donnerstag beschlossen werden und dient »der Bewältigung der Krise und deren weitreichender Folgen«, sagt Regierungschef Reiner Haseloff (CDU).
Der Schritt gleicht dem vieler anderer Bundesländer, die finanzielle Nachschläge bereitstellen und dabei unterschiedlich tief in die Kasse greifen. Thüringen bewilligte 350 Millionen Euro, Nordrhein-Westfalen 25 Milliarden. Sachsen-Anhalt bleibe mit 500 Millionen Euro »im Rahmen seiner Möglichkeiten«, sagte Cornelia Lüddemann, die Fraktionschefin der Grünen. Wie weit das reicht, ist nicht absehbar. »Keiner weiß, ob das der letzte Nachtragshaushalt dieser Regierung sein wird«, fügte sie an.
Mit einem Teil des Geldes - 150 Millionen - werden Zuschüsse für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen finanziert. Dabei schließe man Lücken in der Bundesförderung, sagte Haseloff. Zudem steht mehr Geld für Bürgschaften bereit. Mit 60 Millionen werden Verdienstausfälle für Eltern wegen der Schließung von Kitas und Schulen ausgeglichen. Den Kommunen werden 15 Millionen Einnahmeausfälle erstattet, nachdem das Land entschieden hatte, dass für April keine Elternbeiträge für die Kinderbetreuung erhoben werden. Auch bei absehbaren Steuerausfällen der Kommunen will das Land helfen.
Um das Paket zu finanzieren, wird die Steuerschwankungsreserve angegriffen und auf die Schuldentilgung verzichtet; zudem werden neue Kredite von 259 Millionen aufgenommen. Das sei »nicht erfreulich, aber in solchen Krisenzeiten geboten«, so Haseloff. Der Schritt ist trotz der unlängst im Land beschlossenen Schuldenbremse möglich. Sie erlaubt eine Kreditaufnahme in »außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen«. Anders als etwa in Sachsen muss diese Notlage auch nicht zuvor vom Parlament eigens festgestellt werden. Im Freistaat ist dafür sogar eine Zweidrittelmehrheit nötig; die Koalition aus CDU, Grünen und SPD wäre wohl auf Stimmen der Linken angewiesen.
In Sachsen-Anhalt trägt die oppositionelle Linke das Ausgabepaket im Prinzip mit. Sie fordert aber, die Lasten »nicht wieder nur dem Staat und den kleinen Leuten aufzubürden«, sagte Fraktionschef Thomas Lippmann und forderte eine »zeitlich befristete Vermögensabgabe für Millionäre«. SPD-Fraktionschefin Katja Pähle erwiderte, es sei »jetzt nicht die Zeit für Grundsatzreden zur Steuerpolitik«. Die Linke will zudem weitergehende Hilfen für Kunst und Kultur. Sie begrüßte ein Programm, wonach Betroffene Soforthilfen von 400 Euro pro Person und Monat erhalten; es sei aber weitergehende Unterstützung geboten.
Die Genossen machen ihre Zustimmung zudem davon abhängig, dass die Tilgung der neuen Schulden über mehr als die beabsichtigten drei Jahre gestreckt wird. Auch der DGB mahnt, eine so schnelle Rückzahlung »gefährdet die bisherige Finanzierung freiwilliger Leistungen«. Vor 14 Tagen hatte Finanzminister Michael Richter (CDU) erklärt, wegen der Krise werde man beim Etat 2022 »alle Ausgabepositionen überprüfen und mit vielen lieb gewonnenen Besitzständen Schluss machen müssen«.
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