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SCHUFA DER LIEBE

  • Paula Irmschler
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist, jetzt, wo es das Internet gibt - und es fühlt sich ja immer noch so neu, aufregend und unberechenbar an -, sowieso schon sehr durcheinander mit den Sachen, die einen erreichen, weil ja alle mitmachen dürfen. Man kann das Zeug selbst für sich gewichten, je nachdem, auf welchem Kanal man unterwegs ist, anders als es mit Printprodukten ist, wo es schon für einen gewichtet wird und man nur auswählen kann zwischen Irgendwielinks und Irgendwierechts. Im Internet hat man schön seine Bubbles und Algorithmen, und das alles gaukelt einem vor, dass alle anderen auch denken würden, man solle Menschen gut behandeln zum Beispiel.

Deswegen ist das Internet natürlich oft auch besser, weil einen Sachen erreichen, die einen sonst nie erreicht hätten. Wenn es am anderen Ende der Welt oder gar nicht so weit entfernt Leuten beschissen geht, erfahren wir es nun und können dagegen etwas tun. Grausam wird’s natürlich, wenn wir einfach nichts tun und Menschen, die zum Beispiel in Lagern dabei sind, schlichtweg draufzugehen, nicht helfen oder alibimäßig von mehreren Tausenden nur eine Handvoll kommen lassen, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen.

Schufa der Liebe

Auf den Glückseinkommensnachweis zu lange gewartet, die Kaution des Lebens nicht zurückbekommen: Paula Irmschler sammelt in ihrer Schlager-Kolumne Haben und Soll und findet Gold in jeder Scheiße.

Währenddessen weiß man, dass unzählige Hotelbetten leer sind, und es vergehen Tage und Tage und noch mehr verdammte Tage, und noch immer ist kaum jemand in Sicherheit. Die Organisation »Seebrücke« organisiert Online-Demonstrationen (die nächste ist an diesem Samstag) und Leute schreien und schreiben und man denkt, man schafft etwas, aber die Politik reagiert einfach kaum. Währenddessen schreiben Leute ins Internet, dass sie leider zwei Kilo zugenommen haben während des Lockdowns, und das Unternehmen »Adidas« bekommt einen Milliarden-Staatskredit, und man weiß überhaupt nicht, wer hier eigentlich alles den Arsch offen hat.

Und ich stelle mir dann vor, dass Peter Arschloch, der eine ganz andere Timeline im Internet hat und eine andere Bubble, mitfiebert, ob jetzt »Adidas«, dem Fußball oder seinem Bauch geholfen wird, und ich frage mich, ob diese Leute einfach die Nachrichten zu Lesbos, Arbeitslosigkeit, Gewalt gegen Frauen und so weiter und so fort überscrollen oder diese Nachrichten sie nicht erreichen, aber ganz so themenabgeschottet kann niemand sein.

In meiner naiven Birne denke ich dann außerdem, dass Leute ja einfach für Menschen sein könnten und nebenbei ja auch noch Interessen haben könnten. Ich meine, ich hab’ ja auch Nebenbeiinteressen, und die haben auch manchmal mit Schuhen zu tun, aber wenn wir die Gewichtung mal wieder richtig rückten, dann wäre der Druck auf die Politik vielleicht endlich mal hoch genug, um das Ding jetzt einfach durchzuziehen und Menschen zu retten. »Just do it«, denke ich momentan nur. Aber das war ja ein Slogan von »Nike«. Hoffentlich geht es denen gut.

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