Ein Vorstoß ins Leere

Uwe Sattler begrüßt den Ruf nach gerechter Migrationspolitik, glaubt aber nicht an deren Realisierung

In einem Brief an die Europäische Kommission haben die Innenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens ein »faires und funktionsfähiges« System zur Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten in der EU gefordert. Angesichts der Bilder von katastrophalen Verhältnissen an Grenzen der Union und in Flüchtlingslagern sowie der beschämenden - weil eher symbolischen - Aufnahme nur weniger unbegleiteter Minderjähriger durch Deutschland und Luxemburg ein nachvollziehbarer Schritt.

Die Sache hat allerdings einen Haken: Denn die EU-Kommission ist zwar formal der richtige Ansprechpartner; als »Hüterin der Verträge« muss sie deren Inhalt umsetzen - auch das Asylrecht. Praktisch jedoch ist es der Rat, das Gremium der Regierungen der EU-Staaten, der seit Jahr und Tag alle Initiativen der Kommission für eine gerechte Migrationspolitik blockiert. Die Worte des langjährigen Kommissionschefs Juncker an die Mitgliedsstaaten, dass es nicht reiche, Tränen über den Tod an den EU-Außengrenzen zu vergießen und dann zur Tagesordnung überzugehen, sind Legende.

Zudem zeigt Corona einmal mehr, dass die Nationalstaaten bei Problemen nationale Egoismen über europäische Interessen stellen - selbst wenn die Krise nur gemeinschaftlich zu lösen ist. Siehe die Ablehnung von Coronabonds gerade durch wirtschaftlich starke Staaten wie Deutschland. Der Brief an Brüssel dürfte sich so als Vorstoß ins Leere erweisen.

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