Der digitale Yuan

China startet in einigen Städten Testläufe mit einer eigenen Digitalwährung - mit dem Bitcoin hat diese wenig zu tun

  • Fabian Kretschmer, Peking
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer in Pekings Geschäften sein Portemonnaie herauskramt, wird komisch beäugt. Fast alle Hauptstädter zahlen mit ihren Smartphone, vor allem die Jugend verzichtet nahezu vollständig auf Papiergeld.

Nun testet die chinesische Regierung erstmals eine staatliche Digitalwährung. Das Pilotprojekt läuft in vier Städten an: Chengdu, Xiong’an, der südchinesischen Tech-Metropole Shenzhen und Suzhou. Dort erhalten laut »Wall Street Journal« Teile der Regierungsbeamten die Hälfte ihrer Pendlerpauschale in der neuen Digitalwährung ausgezahlt.

Dafür mussten diese eine Smartphone-App installieren, auf die das elektronische Geld überwiesen wird. Auf sozialen Medien kursieren bereits Screenshots der App. Daraus gehen mehrere Funktionen hervor: Getätigte Finanztransaktionen lassen sich in einem Menüfeld nachverfolgen und das Digitalgeld auf ein existierendes Bankkonto überweisen.

Die elektronische Währung soll einige Eigenschaften besitzen, die auch der Bitcoin besitzt. Das Grundprinzip aber, dass Nutzer der weltweit führenden Kryptowährung komplett anonym und von staatlichen Stellen nicht nachvollziehbar Transaktionen tätigen können, wird in China nicht gegeben sein.

Ebenfalls wird die Währung von der Regierung zentral herausgegeben im Gegensatz zu der dezentral funktionierenden Kryptowährung. Bis vor drei Jahren galt China mit seiner technikaffinen und trendsensiblen Bevölkerung noch als riesiger Markt für Bitcoin und Co. Dann jedoch verbot die Führung in Peking das Spekulieren mit digitalen Währungen.

Weltweit arbeiten mehrere Regierungen an einer Digitalwährung, darunter auch Kanada und Schweden. Chinas Anfänge reichen bis in das Jahr 2014 zurück. Der »digitale Yuan« hat dabei bislang noch keinen offiziellen Namen und wird laut Angaben der chinesischen Zentralbank in naher Zukunft nicht landesweit eingeführt werden. Präsident Xi Jinping hat das Projekt jedoch im vergangenen Jahr während mehrerer Reden zur Chefsache erklärt, im Oktober sprach er sich explizit für eine entsprechende Technologie aus. Damals hat auch Yi Gang, Vorsitzender der chinesischen Notenbank, das Motiv hinter der Einführung einer Digitalwährung skizziert, nämlich das sukzessive Ersetzen des Bargeldverkehrs. Ebenfalls könne ein elektronisches Zahlsystem dabei helfen, gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung und Steuerhinterziehung vorzugehen. Außerdem würden Finanztransaktionen generell effizienter werden.

Die möglichen Nachteile liegen jedoch ebenfalls auf der Hand: Mit einer Digitalwährung könnte der gläserne Bürger zunehmend Realität werden, jede Zahlung ließe sich problemlos einsehen. Zudem unterhält die Volksrepublik ohnehin bereits ein aufwändiges Überwachungssystem. In Pekings Straßen gibt es etwa Überwachungskameras, von denen immer mehr mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet sind.

Innerhalb der chinesischen Bevölkerung gibt es zwar immer wieder mediale Debatten über Privatsphäre und Datensicherheit, doch der Großteil schätzt vor allem die Bequemlichkeit und Effizienz, die mit den elektronischen Zahlungen einhergeht. Schon jetzt ist die Volksrepublik auf dem Gebiet der »mobilen Bezahlung« per Smartphone weit fortgeschritten. In praktisch jedem Eckladen lässt sich mit den Anbietern »Wechat« oder »AliPay« bezahlen, viele Geschäfte nehmen gar kein Bargeld mehr an.

Selbst Bettler oder Straßenmusiker haben QR-Codes bei sich, mit Hilfe derer man Geldüberweisungen tätigen kann. Die Apps auf dem Handy sind dann wiederum mit regulären Bankkonten verknüpft. Dennoch ist bislang unklar, ob die neue Digitalwährung, sobald sie denn eingeführt wird, für den Konsumenten überhaupt eine Änderung im Vergleich zu den mobilen Zahlungsmethoden mit sich bringt.

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