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  • Politik
  • Schwangerschaftsabbrüche in Corona-Zeiten

Zugang zu Abtreibungen durch Corona weiter erschwert

Linke fordert Aussetzung der Beratungspflicht / Grüne wollen dreitägige Bedenkfrist aufheben

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer in Deutschland ungewollt schwanger war, musste auch schon vor Corona große Hürden auf sich nehmen, um straffrei an einen sicheren Schwangerschaftsabbruch zu gelangen. Dass die Pandemie die Situation jedoch weiter verschärfen würde, davor hatte Doctors for Choice bereits vor einem Monat gewarnt. In einer Stellungnahme hatte der Verein damals von der Politik gefordert, Schwangerschaftsabbrüche als notwendige medizinische Leistungen anzuerkennen und die Versorgung ungewollt Schwangerer auch während der Corona-Krise sicherzustellen.

Nun hat die Organisation eine Zwischenbilanz gezogen – und ist zu einem ernüchternden Ergebnis gekommen: Zwar sei die Versorgung in den Großstädten bisher aufrecht erhalten geblieben. Und auch die Möglichkeit, die Schwangerschaftskonfliktberatung online oder per Telefon durchzuführen, würde mittlerweile in den meisten Bundesländern bestehen.

Doch »knapper werdende Schutzmasken und Desinfektionsmittel in chirurgischen Zentren und Praxen sowie die Schließung von Praxen älterer Ärzt*innen, die zur Risikogruppe gehören, erschweren die sowieso schon problematische Versorgung in einigen Regionen«, erklärt Doctors for Choice. Denn die Zahl der Kliniken und Praxen, in denen Abbrüche vorgenommen werden, nimmt seit Jahren ab. Waren es 2003 noch 2039 Einrichtungen, so gab es 2019 schon 900 weniger. Besonders bedenklich sei nun auch, dass manche Krankenhäuser keine Schwangerschaftsabbrüche mehr durchführen würden, da sie diese als nicht zwingend notwendig betrachten würden.

In einigen Bundesländern sei darüber hinaus auch der Zugang zu Online-Formularen für die Kostenübernahme problematisch. »Für die ungewollt Schwangeren und das medizinische Personal bedeutet die Organisation und die umständliche Kommunikation mit den teils geschlossenen Krankenkassen einen erheblichen Mehraufwand, der bei allen Beteiligten sehr viel wertvolle Zeit frisst und psychisch belastet«, so die Organisation. Davon seien insbesondere Schwangere betroffen, die finanziell prekär aufgestellt und während dieser Krise sowieso schon Mehrfachbelastungen ausgesetzt seien.

Hinzu komme laut dem Verein, dass auch das Angebot für Verhütungsmittel unter der Corona-Krise leide: So würden viele Familienplanungszentren und Praxen ihr Angebot dahingehend reduzieren, dass sie zur Zeit keine Spiralen oder Dreimonatsspritzen verabreichen. Selbst Rezepte für die Antibaby-Pille seien in vielen Praxen derzeit nur begrenzt erhältlich.

LINKE fordert Aussetzung der Beratungspflicht

Angesichts der verschlechterten Versorgungslage zeigte sich auch die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, besorgt. Insbesondere die Regelung zur verpflichtenden Beratung erzeuge zusätzliche Risiken. Wer in Deutschland eine ungewollte Schwangerschaft beenden will, muss sich laut Paragraf 218a einer verpflichtenden Beratung und einer anschließenden Wartezeit von mindestens drei Tagen unterziehen. Unter der Corona-Pandemie führe dies zu unnötigen physischen Kontakten und zusätzlicher Verzögerung, erklärt Möhring.

»Es ist schon in den sogenannten normalen Zeiten vollkommen absurd, dass ungewollt Schwangere dazu verpflichtet werden, selbst dann, wenn sie schon längst entschieden sind, dass sie die Schwangerschaft abbrechen wollen«, so Möhring. Das sei bevormundend und spreche Schwangeren ihre Selbstbestimmung ab. Die Linksfraktion im Bundestag fordert deshalb die sofortige Aussetzung der Beratungspflicht und hat einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht.

Grüne wollen dreitägige Bedenkfrist aufheben

Bei den Grünen hat die frauenpolitische Sprecherin, Ulle Schauws, zusammen mit Kirsten Kappert-Gonther (Sprecherin für Gesundheitsförderung), Katja Dörner (Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik) und Canan Bayram (Mitglied im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages) ein Papier unterzeichnet. Darin fordern die Politikerinnen den Bund auf, gegenüber den Ländern klarzustellen, dass Schwangerschaftsabbrüche notwendige Eingriffe sind und auch während der Corona-Krise zeitnah durchgeführt werden müssen.

Das gelte auch für ungewollt Schwangere, die aus dem Ausland (etwa aus Polen) nach Deutschland reisen, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Diese Personen müssten den medizinischen Eingriff unmittelbar vornehmen lassen können – ohne Verzögerung durch Quarantänemaßnahmen. Auch die gesetzlich vorgeschriebene dreitägige Bedenkfrist müsse bis auf weiteres aufgehoben werden, heißt es in dem Papier.

»Unter der gegenwärtigen Corona-Krise spitzen sich bereits bestehende Problemlagen weiter zu. Wie unter einem Brennglas wird sichtbar, dass ohne Anpassungen die notwendige Versorgungssicherheit von ungewollt Schwangeren jetzt noch weniger gewährleistet werden kann.«

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