- Politik
- Petersberger Dialog
Keine Viruspause für die Klimapolitik
Beim Petersberger Dialog gab es allerlei Bekenntnisse für ambitioniertere EU-Ziele
Wie geht es nach der Krise, die neben den vielen Kranken und Toten auch eine handfeste Wirtschaftsflaute zur Folge hat, mit der Klimapolitik weiter? Darüber berieten Regierungsvertreter aus rund 30 Staaten am Montag und Dienstag beim Petersberger Klimadialog. Dass das informelle Treffen, zu dem die Bundesregierung jährlich Vertreter*innen wechselnder Länder einlädt, in diesem Jahr zur wichtigsten Klimaveranstaltung werden würde, hätte vor wenigen Wochen niemand gedacht. Aber der UN-Gipfel im November wurde verschoben. Doch auch der Petersberger Klimadialog stand im Zeichen der Coronakrise: organisatorisch, weil per Videokonferenz gesprochen wurde. Und inhaltlich, denn die Pandemie stellt den Klimaschutz vor neue Herausforderungen.
Unmittelbar sinken zwar die CO2-Emissionen. Aber wie erwartet hat die deutsche Wirtschaft kein Interesse an Postwachstum. Im Gegenteil: Die europäischen Klimaziele für 2030 gehörten auf den »Prüfstand«, gab Verbandsvizechef Holger Lösch, Vizechef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), der Regierung anlässlich des Petersberger Dialogs mit auf den Weg.
Bislang ist geplant, dass der europäische Staatenbund seine Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 40 Prozent gegenüber 1990 senkt. Was dem BDI zu viel ist, ist angesichts der UN-Ziele zu wenig. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erinnerte deshalb auf dem Petersberger Klimadialog daran, dass das alte 40-Prozent-Ziel kaum ausreiche, um die EU auf einen passenden Pfad für die erforderliche Klimaneutralität zur Jahrhunderthälfte zu bringen. »Ich finde es deshalb richtig, dass die EU-Kommission die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 bis 55 Prozent senken will«, so die Politikerin. Innerhalb der Bundesregierung sei die Position aber noch nicht abgestimmt.
Schulze sprach sich auch für den »Green Deal« der EU-Kommission aus. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) drang am Dienstag sogar darauf, diesen auf die Nachbarländer der EU in Europa und in Afrika auszudehnen. »Um die Corona- und die Klimakrise weltweit einzudämmen, muss Europa jetzt entschlossen eine globale Vorreiterrolle übernehme«, sagte er.
Die Umweltverbände forderten indes ein »klares Bekenntnis« zu einer schnellen und deutlichen Anhebung des EU-Klimaschutzziels für 2030 von Kanzlerin Angela Merkel. In ihrer Rede am Dienstagnachmittag sagte sie tatsächlich, sie begrüße die Vorschläge der EU-Kommission. Angesichts der anstehenden Verteilungsdiskussion werde es zudem »umso wichtiger sein, wenn wir Konjunkturprogramme auflegen, immer den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben«.
Deutschland übernimmt im Juli die EU-Ratspräsidentschaft. Dann wird sich zeigen, was diese Worte wert sind.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.