Angriff auf ARD-Team bei Verschwörungsdemo

Bei einer rechten Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen gerät erneut die Presse ins Visier

  • Lesedauer: 3 Min.

Bei einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen ist vor dem Reichstagsgebäude in Berlin ein Kamerateam der ARD angegriffen worden. Ein Mann soll versucht haben, einen Tonassistenten zu treten, traf dabei aber offenbar die Mikrofon-Angel, die dann gegen den Kopf des Kameramannes schlug, wie die Polizei am Mittwochabend mitteilte. Der 46-jährige Tatverdächtige habe versucht zu flüchten, sei dann aber von Polizisten festgenommen worden.

Nach Angaben der ARD hatte sich ein Teilnehmer der Versammlung spontan aus der Menge gelöst und einen Tonassistenten getreten. Journalisten wurden zuvor mehrfach mit »Lügenpresse«-Rufen angefeindet. Dem Kameramann und dem Tonassistenten - 56 und 51 Jahre alt - gehe es gut. Bereits am 1. Mai wurde in Mitte ein ZDF-Kamerateam am Rande einer Demonstration von Verschwörungstheoretikern angegriffen.

Der Tatverdächtige wurde am Mittwoch in Polizeigewahrsam gebracht, es werde wegen Verdachts der Körperverletzung ermittelt, teilte die Polizei am späten Abend mit. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurde der 46-Jährige wieder entlassen.

»Medienvertreter sind kein Freiwild«, sagte die Landesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, Renate Gensch. »Sie stehen für die Presse- und Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik, also auch für die Grundrechte, für die diese Demonstranten vermeintlich protestieren.«

Nach Angaben der Polizei hatten sich am Mittwoch 400 Menschen vor dem Reichstagsgebäude versammelt. Zu der nicht angemeldeten Versammlung hatte der prominente Vegan-Koch Attila Hildmann in den sozialen Medien aufgerufen.

Hildmann war in den vergangenen Wochen immer wieder mit Verschwörungstheorien rund um die Coronakrise aufgefallen. So fabuliert er - ähnlich wie der rechte Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen, der regelmäßig am Rosa-Luxemburg-Platz mit Neonazis gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert - von einer Impfverschwörung durch Bill Gates und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der Discounter Kaufland und die Reformhauskette Vitalia haben nach seinen rechtsesoterischen Ausfällen in den sozialen Medien die Produkte Hildmanns aus ihren Filialen genommen.

Bei der Demonstration am Mittwoch erhielt Hildmann einen Platzverweis, andere beteiligte Personen wurden von der Polizei abgeführt.In Berlin sind wegen der Pandemie derzeit Demos mit nur bis zu 50 Teilnehmern erlaubt.

Augenzeugen berichteten, dass ganz verschiedene Gruppierungen vor Ort waren. Viele Menschen seien aggressiv gewesen. Teilnehmer riefen »Wir sind das Volk«. Manche hatten Deutschlandfahnen dabei, andere das Grundgesetz. Auch Neonazis und Hooligans sowie AfD-Vertreter wurden gesichtet, wie bereits bei den »Hygiene«-Demos am Rosa-Luxemburg-Platz, die diesen Freitag erneut stattfinden sollen. Die Polizei machte keine Angaben zu den Teilnehmern.

Es sei unter anderem zu Beleidigungen, Widerstandshandlungen und Körperverletzung gegen Polizisten gekommen, sagte die Polizeisprecherin. Die Beamten setzten Platzverweise durch und nahmen die Personalien von 24 Menschen auf. Insgesamt waren demnach 260 Polizisten im Einsatz, gegen 19 Uhr war der Einsatz beendet. dpa/nd

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