• Kultur
  • Feministischer Podcast in Jordanien

Gib mir mehr Platz, Habibi

Mit Podcasts bringt ein kleines jordanisches Medienunternehmen seinen Hörern feministisches Denken nahe.

  • Johanna Montanari
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Zentrum Ammans, der jordanischen Hauptstadt, arbeitet die 25-jährige Mayss Al Alami in einem hippen Büro mit Blick auf die »Rainbow Street«, eine belebte Straße voller Cafés und Läden. Al Alami, die in Jordanien geboren wurde und deren Großeltern aus Palästina stammen, moderiert den Podcast »Masaha«.

»Masaha« ist arabisch und heißt Platz. Der Podcast ist der erste zu politischem Feminismus in arabischer Sprache. »Wir unterhalten uns über feministische Themen in der arabischen Welt mitsamt ihren ökonomischen und intersektionalen Aspekten«, sagt Al Alami. Der Podcast vergleicht dabei verschiedene Länder, unter anderem Ägypten, Tunesien, Syrien und Jordanien, nennt Zahlen und Fakten und beschreibt die unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen. Dabei kommen Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen aus der Region zu Wort.

Masaha diskutiert zum Beispiel das jordanische Gesetz, das es Frauen ohne eine schriftliche Erlaubnis ihres Ehemanns nicht erlaubt, mit ihren Kindern zu reisen. »Tunesien ist in vielen Fällen fortschrittlicher als andere Länder«, bemerkt Al Alami. »In Tunesien wurde zum Beispiel das Erbschaftsgesetz so verändert, dass Frauen genauso viel erben wie Männer. In der restlichen arabischen Welt erben männliche Nachkommen mehr als weibliche.« Das war eine kontroverse Reform, weil das Erbschaftsrecht seine Wurzeln im islamischen Rechtssystem Scharia hat.

Das junge Medienunternehmen Sawt, arabisch für Stimme, bei dem Al Alami arbeitet, existiert seit 2016. Damals gab es kaum Podcasts auf Arabisch, »obwohl das Medium Radio in der Region fest verwurzelt ist und eine lange Tradition hat. Auch das Geschichtenerzählen ist ein wichtiger Teil der arabischen Kultur«, wundert sich Al Alami.

Die Initiative für den Podcast »Masaha« kam von der Friedrich-Ebert-Stiftung im Libanon. Die Mitarbeiter*innen schlugen die Themen vor, Sawt setzte die Idee dann um. »Masaha« hat 13 Folgen, die letzte wurde Ende Februar veröffentlicht.

Sawt wurde durch einen Podcast namens »Eib« bekannt, arabisch für Schande oder Tabu. »Es geht darin um Themen, über die in unserer Gesellschaft nicht öffentlich gesprochen wird, um Abtreibung, um Beziehungen außerhalb der Ehe, Sexualität und Geschlecht. Es sind Themen, die oft nicht den religiösen Erwartungen entsprechen«, erzählt Al Alami.

Ein anderer Podcast von Sawt heißt »Dum Tak«. Der Name ist dem Geräusch, das eine Trommel macht, nachempfunden. Er stellt arabische Musikerinnen vor, die berühmte Lieder produziert haben, über deren Leben aber meistens fast nichts bekannt ist. »Implizit war das auch ein feministischer Podcast«, sagt Al Alami. »Viele der Musikerinnen mussten sich innerhalb ihrer Familien erst langwierig erkämpfen, dass sie ihre Wohnung verlassen konnten, um zu musizieren.«

Der Name das Podcasts »Masaha« stammt von einem Song, in dem eine Frau singt: »Habibi, ich brauche mehr Raum, hör auf, den ganzen Hinterhof für dich zu benutzen.« Al Alami lacht, als sie das erzählt. »Wir lieben diesen Song, weil er im Prinzip sagt, gebt Frauen mehr Platz.«

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