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So etwas gab es doch schon einmal
Als die Kuppel des Berliner Schlosses damals neu geschaffen wurde, musste sich die Bevölkerung mit der Sorge vor Cholera herumschlagen.
Seit dem 13. Mai ist die goldene Inschrift auf der Kuppel des neu aufgebauten Berliner Schlosses zu bewundern. Ende Mai soll die äußere Gestalt der Kuppel wieder ganz hergestellt sein. Aber die große Mehrheit der Bevölkerung kann die Freude der wenigen euphorischen Bewunderer nicht teilen; sie hat andere Sorgen im Zeitalter von Corona.
Als von 1845 bis 1853 die Kuppel des Hohenzollern-Schlosses mit der darunter liegenden Kapelle neu geschaffen wurde, ging es den meisten Menschen ähnlich: Sie hatten Angst vor der Cholera, die 1831 Preußen und seine Nachbarländer erfasst hatte. Von den 240 000 Einwohnern Berlins waren im Dezember des Jahres 2249 an der Cholera erkrankt und 1417 gestorben. Allerlei Maßnahmen sollten die Übertragung beenden oder wenigstens abschwächen: Die Handelswege zu Wasser und zu Land durften nur eingeschränkt benutzt werden. Das Militär sperrte die Grenzen, in Häfen und bei den Grenzkontrollämtern wurden Quarantäneanstalten eingerichtet. »Cholera-Kommissionen« kontrollierten, dass die Kommunen im Bedarfsfall Häuser oder Straßenzüge unter Quarantäne stellten.
»Reinigungsknechte« desinfizierten ankommende Waren, Münzen und Postsendungen mit Chlor und lagerten sie in gut durchlüfteten Schuppen. Größere Kommunen richteten Cholera-Friedhöfe ein, mit Massengräbern für die Armen. Kranke wurden mit Chlor-Dampf in Schwitzbädern behandelt, den Pflegenden wurde Tabak-Rauchen empfohlen und vieles mehr. Eine zeitgenössische Zeichnung stellt einen Mann mit Maske dar, die Mund und Nase schützt. Doch dann stellte Preußens König Friedrich Wilhelm III. fest: »Die strengen Absonderungsmaßregeln haben bereits auf den gewerblichen Verkehr der Einwohner ungünstig eingewirkt und drohen, den Wohlstand vieler Familien zu zerrütten und dem Lande verderblicher zu werden als die Krankheit selbst.«
Auch wenn die Zahl der Infizierten nach 1832 zurückging, war die Cholera keineswegs kontrollierbar oder gar besiegt. Aus der »Magdeburgischen Zeitung« vom 7. Oktober 1848 erfahren wir, dass in Berlin bis zum Mittag des 4. Oktober »als erkrankt angemeldet« 1819 Personen galten. »Zugang vom 4ten bis 5ten Mittag 12. zusammen 1831. Davon sind gestorben 1114.« Im Anschluss, optisch nicht einmal getrennt, berichtet das Blatt sogleich ausführlich von der Kuppel des Berliner Schlosses: »Die Kuppel, mit welcher Se. Maj. der König den Bau des Berliner Schlosses vervollständigt hat, ist jetzt soweit vollendet, dass er bis zur höchsten Spitze bestiegen werden kann.
Die ganze Höhe des Baues ist 247 Fuß und der Durchmesser der Kuppel, welche zu einer Kirche bestimmt ist, 85 bis 86 Fuß.« Es folgt die detaillierte Beschreibung der Baumaterialien und das Bibelzitat, das »um die ganze Kuppel läuft«, Gold auf blauem Grund: »Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zu Ehre Gottes, des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle derer Knie die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.«
Friedrich Wilhelm IV., König seit 1840, war protestantisch fromm wie das ganze Haus Hohenzollern. Er legte Wert auf die Kuppel - nicht wie Karl Friedrich Schinkel sie im Jahre 1827 entworfen hatte, sondern größer, auffälliger sollte sie werden. 1845 begannen die Bauarbeiten. Das Bibelzitat, das von gebeugten Knien spricht, die Krone und als Abschluss das Kreuz, alles in Gold, sind beredter Ausdruck der Verbindung von Thron und Altar, zeigen die triumphierende Kirche, deren oberster Bischof der König ist.
Die Angst vor der Cholera ging noch um, als die Bevölkerung im Oktober 1848 die Kuppel in ihrer Pracht sehen konnte. Doch große politische Ereignisse standen im Vordergrund: Die März-Revolution hatte Zugeständnisse erkämpft, so die Pressefreiheit und Wahlen zur Nationalversammlung. Die Restauration war jedoch stärker und hatte von Juni bis Oktober die meisten Reformen zurückgedrängt. Im Dezember löste der König die Preußische Nationalversammlung auf. Er war nun nicht mehr König von Volkes Gnaden, sondern von Gottes Gnaden. Die weithin sichtbare Kuppel bezeugte es. Die dazugehörige Kirche ließ noch fünf Jahre auf sich warten.
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