Ein Akt der Revolte

Ljavon Volski huldigt auf seinem neuen Album »Ameryka« einer alten Sehnsucht

  • Ingo Petz
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist noch nicht so lange her, da galten die USA vor allem im Osten als Freiheitsversprechen. Auch für Ljavon Volski - den kaum jemand kennen dürfte. Den aber kennen sollte, wer sich für die komplexen Zusammenhänge in Osteuropa interessiert. In Belarus ist er ein Star, zumindest für diejenigen, die an so was wie demokratische Freiheit glauben. Volskis innere Mission ist bereits im Familiennamen angelegt, der mit »Wille zur Freiheit« übersetzt werden kann. Unter anderen Bedingungen würde einer wie Volski Konzerthallen füllen und ein Rockstarleben führen. Stattdessen lebt er aber in einer kleinen Wohnung in Minsk und muss sich immer wieder neue Aktionen einfallen lassen. Denn ein Rockstarleben in Belarus muss man sich leisten können.

Gerade erst tourte er durch die USA, Polen, Israel oder Deutschland - virtuell. Einerseits wollte Volski seinen Fans, die in Quarantäne oder Lockdown festsitzen, musikalische Erleichterung liefern, andererseits muss er auch schauen, wo das Geld herkommt. Es gab Jahre, da konnte er in seiner Heimat überhaupt nicht auftreten, stattdessen spielte er Exilkonzerte in Litauen.

Der 1965 geborene Musiker und Künstler ist seit Jahren Kritiker der Autokratie des Staatschefs Aljaksandr Lukaschenka, die sich 1994 festgesetzt hat. Im selben Jahr gründete Volski - als Akt der Revolte - die Band N.R.M., eine Abkürzung für Die Unabhängige Republik der Träume. Mit ihrer Mischung aus Punk, Grunge und sozialkritischen Texten gewann die Band in der neueren belarussischen Kulturgeschichte an Bedeutung und forderte den staatlichen Repressionsapparat heraus. Dass Volski bis heute nicht im Gefängnis gesessen hat, ist wohl nur der Tatsache zu verdanken, dass ihm seine Bekanntheit einen gewissen Schutz bietet.

Volski hat schnell verstanden, dass er sich eine musikalische Wandelbarkeit zulegen und ein breites Publikum heranziehen muss, wenn er überhaupt eine Chance haben will, als kritischer Musiker durchzukommen. So beherrscht er viele Genres: von Hardrock und Punk bis zu Chanson, Ska oder Folk. Auf dem neuen Soloalbum »Ameryka« verschreibt er sich seinen US-amerikanischen Einflüssen, wie The Byrds, Johnny Cash oder The Beach Boys. In den schlicht instrumentierten Stücken, in der die Akustikgitarre tonangebend ist, spielt Volski mit der jugendlichen Sehnsucht nach der großen Illusion, die die Staaten einst verkörperten. So singt er in dem gleichnamigen Lied: »Hallo Amerika! Nehmen Sie mich in Ihre Playlist auf. Übersee ein neues Ufer.« Volski huldigt seinen musikalischen Idolen und seinem alten Traum. Es ist nicht sein bestes Album geworden, aber ein sehr persönliches - eines, das den Geist einer Freiheit atmet, die sich Volski selbst erkämpft hat in einem unfreien Land.

Ljavon Volski: »Ameryka« (MediaCube Music)

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