Hamburger Mieten ungebremst

Studie des Gymnasiums Ohmoor: Wohnkosten steigen auch im Umland rasant

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Mietenrallye geht weiter. In Hamburg stiegen die Wohnkosten im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent und damit doppelt so schnell wie die Inflationsrate von 0,85 Prozent. Am alarmierendsten ist der Mietenanstieg im Hamburger Umland um durchschnittlich 3,2 Prozent - von 9,27 auf 9,56 Euro pro Quadratmeter im Monat. Ausreißer nach oben sind hierbei die Landkreise Winsen an der Luhe und Pinneberg mit 5,5 beziehungsweise 4,4 Prozent Steigerung. Damit ist der Anstieg im Umland erstmalig höher als im Hamburger Stadtgebiet. Von dieser Entwicklung blieb nur der Landkreis Segeberg verschont, wo sich die Mieten um 1,7 Prozent verbilligten.

Die Zahlen haben Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Ohmoor ermittelt. Die alljährliche Mietenstudie wird dort seit 1986 erstellt. In diesem mussten die Teilnehmer des Wahlkurses Geografie ihre Studie im Untersuchungszeitraum März 2020 wegen der Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen anfertigen. Dabei werteten sie für Hamburg 4096 anonymisierte Angebote und 3163 Datensätze für das Umland aus. Sie fanden heraus, dass die Neuvertragsmiete in der Hansestadt aktuell 13,45 Euro pro Quadratmeter beträgt und damit um 55 Prozent über dem Durchschnittswert des Hamburger Mietenspiegels von 8,66 Euro liegt. In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das, dass Mieter für eine durchschnittliche Wohnung in der Elbmetropole derzeit 1019 Euro zuzüglich Betriebskosten zahlen.

»Die Brisanz der Untersuchung besteht darin, dass die Neuvertragsmieten trotz des Wohnungsneubaus, der Mietpreisbremse und diverser Mieterschutzbestimmungen in der Zeit von 2000 bis 2020 fast doppelt so schnell gestiegen sind wie die Inflationsrate«, sagte Siegmund Chychla, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg.

Den aktuell höchsten Preisanstieg gab es in Altona, wo sich die Miete im Vergleich zum Jahr 2019 von 14,52 auf 16,92 Euro verteuerte. Kostspieligster Stadtteil ist die HafenCity, wo für einen Quadratmeter im Schnitt 20,72 Euro bezahlt werden muss. Bei Betrachtung eines längeren Zeitraum ist die Entwicklung in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg am auffälligsten, wo sich die Mieten binnen 20 Jahren von 7,84 auf 14,63 Euro, beziehungsweise von 7,55 auf 15,37 Euro verteuerten. »Dort mussten die Mieterinnen und Mieter um Mietsteigerungen um rund hundert Prozent und mehr verkraften - wenn sie nicht schon früher verdrängt wurden«, kritisiert Chychla.

Während sich die Mieten in diesen früher preiswerten Stadtteilen verdoppelten, stiegen sie in Stadtteilen der Besserverdienenden weniger stark, beispielsweise in Blankenese von 10,83 auf 16,07 Euro, mithin um »nur« rund 50 Prozent. Hier leben allerdings viele Menschen nicht zur Miete, sondern sie besitzen Immobilien.

Der rot-grüne Senat hatte kürzlich die Hamburger Mietpreisbreme für weitere fünf Jahre bis 2025 verlängert. Im Fall einer Neuvermietung begrenzt die Verordnung die Miete auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Allerdings zeigen die neuen Zahlen die geringe Wirkung des Instruments. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Sudmann, forderte deswegen einen Mietendeckel nach Berliner Vorbild.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.