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Mathe und Moral

denkspiel mit Mike Mlynar

  • Mike Mlynar
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer. Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise.« Diese Sätze werden Wernher von Braun (1912-1977) zugeschrieben, Physikprofessor, ostpreußischer Adel, bekennender Christ, NSDAP- und SS-Mann. Erst baute er für Nazi-Deutschland Raketen, später für die USA. Die Hybris von Brauns, die eines zynischen Pragmatikers, war und ist alles andere als ein Einzelfall in der Wissenschaft. Man findet sie auch heute weltweit.

Eine ganze spezielle amoralische Volte wird derzeit in einem militärischen US-Langzeit-Forschungsprogramm geschlagen. Man bastelt dort am »rücksichtsvollen« Kampfroboter, frohlockt das Pentagon, »völlig autonom und kognitiv befähigt«, nach »moralischen Normen« agierend. Krieg hätte damit so letztlich, um bei von Braun zu bleiben, bestenfalls noch eine heilende chirurgisch-moralische Dimension.

Hier mischt sich PR mit Ignoranz und Lüge. Moralische Normen sind sinnvoll nicht formalisierbar und somit für künstliche Intelligenz nicht »moralisch« verhandelbar. In der Deontik, dem entsprechenden Teilgebiet der Logik, ist das als Jörgenson-Paradoxon längst axiomatisch formuliert (Jörge Jörgensen, 1894-1969, dänischer Philosoph). Deshalb können sich auch die »rücksichtsvollen« Kampfroboter nur gemäß der Daten ihres programmierten Zwecks verhalten, nämlich zu töten und zu vernichten.

So viel zur tatsächlichen moralischen Dimension von Mathematik und Wissenschaft. Um die zu erkennen, braucht es eigentlich nur unverstelltes Nachdenken. Und das trainieren wir hier wie stets unaufgeregt denkspielerisch:

1. Ein Motorboot war auf einem See unterwegs. Nachdem es die Hälfte seiner Strecke geschafft hatte, erhöhte es seine Geschwindigkeit um ein Viertel. Am Zielort kam es so eine halbe Stunde früher an als geplant. Wie lange war das Boot unterwegs?

2. Die U-Bahn einer kleinen EU-Hauptstadt verbindet auf gerader Linie fünf Stationen, einschließlich der beiden Endstationen. Die zehn so möglichen Distanzen zwischen je zwei Stationen sind alles unterschiedliche ganze Zahlen, neun davon sind 1 bis 9 Kilometer. Wie lang ist die zehnte Distanz, nämlich die zwischen beiden Endstationen?

Antworten an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel«). Einsendeschluss: Mittwoch, 15. Juli. Absender nicht vergessen, denn wir verlosen zwei Buchpreise separat für die richtigen Antworten auf beide Fragen. Auch Einzeleinsendungen sind möglich.

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