Die Insel driftet ab
Mit Boris Johnson schwimmt Großbritannien noch mehr im Fahrwasser der USA
Berlin. Kurz vor dem Einjährigen von Boris Johnson an der Spitze des britischen Kabinetts am Freitag geben sich in London die Abgesandten befreundeter Staaten die Klinke in die Hand. In diesen Corona-Zeiten natürlich erst recht bildlich gesprochen.
Am Mittwoch traf Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in der britischen Hauptstadt London ein. Im Mittelpunkt der Gespräche mit seinem Amtskollegen Dominic Raab standen die laufenden Verhandlungen zur Regelung des künftigen Verhältnisses zwischen der Europäischen Union und Großbritannien, nachdem das Vereinigte Königreich den Staatenbund formell Ende Januar verlassen hat. Des Weiteren ging es um außen- und sicherheitspolitische Themen wie Russlands Einflussnahme in Europa, das Verhältnis des Westens zur Volksrepublik China und den Umgang mit der Türkei. Am Vortag hatte Maas bei einem Besuch in Griechenland das Spannungen erzeugende Agieren der Türkei im Mittelmeer und deren illegale Erdgaserkundungen vor der Küste Zyperns kritisiert.
Das Treffen von Raab und Maas im Gästehaus des britischen Außenministers Chevening House verfolgte nach Aussage des Auswärtigen Amtes das Ziel, »weiterhin möglichst enge Beziehungen zu Großbritannien« zu unterhalten. Klar sei, dass Deutschland in den Verhandlungen darüber, wie es nach dem Brexit weitergeht, die EU-Seite unterstütze.
Bereits am Dienstag hatten Johnson und Raab US-Außenminister Mike Pompeo ihre Türen geöffnet. Pompeo warb in London für eine »globale Koalition« gegen China und unterstellte der konkurrierenden Wirtschaftsmacht, die Corona-Pandemie »zur Förderung eigener Interessen« auszunutzen.
Pompeo beglückwünschte die britische Regierung, die nachdrücklichen Empfehlungen aus Washington gefolgt war und vergangene Woche den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei vom Aufbau des 5G-Mobilfunknetzwerks ausgeschlossen sowie verschiedene mit der Hongkong-Politik der Volksrepublik begründete Maßnahmen gegen Peking verabschiedet hatte. Die ehemalige Kolonialmacht fühlt sich für die Sonderverwaltungszone im südöstlichen China weiter zuständig. Der Tiefpunkt in den Beziehungen zum wichtigen asiatischen Wirtschaftspartner fällt für Großbritannien in eine Zeit unsicherer Perspektiven.nd Seite 2
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