Die Rechtslage: Gutschein oder Geld zurück?

Leser fragen - wir antworten

  • Lesedauer: 3 Min.

Auskunft gibt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen i(NRW):

Bundestag und Bundesrat haben unlängst »grünes Licht« für die sogenannte Gutscheinlösung gegeben. Sie verpflichtet die Kunden, im Zweifel Wertgutscheine von Veranstaltern zu akzeptieren, wenn Konzerte, Fußballspiele und andere Events wegen der Corona-Maßnahmen abgesagt werden mussten. Für welche Tickets gilt die neue Gutscheinlösung? In welchen Fällen kann doch das Geld zurückverlangt werden? Die wichtigsten Eckpunkte der Gutscheinregelung aus Verbrauchersicht sind:

Nur bereits geleistete Zahlungen betroffen: Das neue Gesetz regelt nur die Erstattung von Entgelten. Wenn Verbraucher Leistungen wie Tickets oder Monatsbeiträge noch nicht bezahlt haben und das Event abgesagt wird oder die Einrichtung geschlossen bleibt, können sie die Bezahlung auch weiterhin verweigern.

Prüfung des Kaufdatums: Ist das Ticket, die Zeitkarte für das Theater oder der Vertrag fürs Fitnessstudio vor dem 8. März 2020 ausgestellt worden? Allein in diesen Fällen greift die neue Gutscheinregelung.

Ticketkäufe, Vertragsabschlüsse nach dem Stichtag: Für nach dem 8. März 2020 verkaufte Eintrittskarten oder nach dem Stichtag abgeschlossene Verträge gilt die Gutscheinregelung nicht. Hier gibt es - wie vor der Corona-Krise - das Geld zurück.

Bei Tickets für eine Einzelveranstaltung (zum Beispiel Festivals, Konzerte, Theatervorstellungen, Lesungen oder Sportwettkämpfe): Für Einzelkarten besteht ein Anspruch auf einen Gutschein in Höhe des Ticketpreises inklusive Vorverkaufsgebühr.

Bei einer Veranstaltungsserie (zum Beispiel Museen, Fußball-Dauerkarte, Fitnessstudios oder Freizeitparks): In solchen Fällen werden Teilgutscheine über den Wert der nicht genutzten Freizeitaktivitäten ausgestellt.

Der richtige Ansprechpartner: Ticketbesitzer müssen ihre Ansprüche direkt beim Event-Veranstalter geltend machen. Die Kontaktdaten stehen meist auf dem Ticket.

Ausstellung des Gutscheins: Der Gutschein muss vom Veranstalter über einen Gegenwert in Euro ausgestellt werden. Alternative Angaben wie »Gutschein über ein Konzert« sind nicht gültig.

Übergabe des Gutscheins: Wurde das Ticket in einer Vorverkaufsstelle erworben, kann der Veranstalter den Gutschein dort hinterlegen. Alternativ kann ein Versand per Brief oder per E-Mail erfolgen.

Gutscheinversand: Die Empfänger eines Gutscheins per Brief müssen darauf achten, dass dabei keine Versandkosten berechnet und vom Wert des Gutscheins abgezogen werden.

Angaben auf Gutschein: Aus dem Gutschein muss schriftlich hervorgehen, dass dieser aufgrund der COVID-19-Pandemie ausgestellt wurde. Zudem muss dort stehen, wann Gutscheininhaber die Auszahlung verlangen können: Erstens, wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wurde. Und zweitens muss angegeben werden, dass der Gutscheininhaber eine frühere Auszahlung auch verlangen kann, wenn ihm der Gutschein aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände nicht zugemutet werden kann.

Auszahlung des Gutscheinwerts: Wenn der Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst wurde, können die Gutscheinbesitzer die Auszahlung des Gegenwertes in Euro innerhalb von 3 Jahren, bis zum 31. Dezember 2024 beim Veranstalter geltend machen.

Ausnahme von der neuen Gutscheinregelung: In besonderen Härtefällen, können Gutscheininhaber die Auszahlung auch schon vor Ablauf des 31. Dezember 2021 verlangen. So zum Beispiel, wenn das Ticket gekauft wurde, um im Zuge einer Urlaubsreise an einer Veranstaltung teilzunehmen und der Nachholtermin einen hohen Einsatz von Reisekosten erfordert. Oder auch, wenn der Gutscheininhaber nicht mehr in der Lage ist, wichtige Lebenshaltungskosten wie Miete und Energie zu bezahlen.

Entschädigungsregelung für Pauschalreisende: Die Übergangsregelung für in der Corona-Krise geplatzte Pauschalreisen sieht auf Beschluss von Bundestag und Bundesrat vor, dass Reiseveranstalter ihren Kunden einen Gutschein anbieten können. Diese können aber auch auf einer Rückzahlung ihres Geldes beharren. Die ursprünglich geplante Gutscheinpflicht ist am Widerstand der Brüsseler EU-Kommission gescheitert. Verbraucher, die ihre Pauschalreise vor dem 8. März gebucht haben, können freiwillig einen Gutschein wählen, dessen Wert auch dann staatlich abgesichert ist, wenn Anbieter Pleite gehen.

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