- Kommentare
- Arbeitsschutzkontrollgesetz
Bau auf, was du zerstörtest
Jörg Meyer über das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz
Die Zahl der Handwerksbetriebe lag Ende 2018 bei rund 568 600. Bei einer jährlichen Kontrollquote von fünf Prozent, wäre jeder Handwerksbetrieb im Schnitt also alle 20 Jahre fällig - und das ist nur eine Branche. Wenn mit dem neuen Arbeitsschutzkontrollgesetz, dessen Entwurf die Bundesregierung am Mittwoch verabschiedete, bis 2026 eine solche Kontrollquote eingeführt wird, müssen die Unternehmen also wirklich heftig zittern, liegt sie doch bislang statistisch bei 25 Jahren. Aber Zynismus beiseite: Das Gesetz ist im Großen und Ganzen tatsächlich eine gute Sache und längst überfällig. Kernelement ist das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in Schlachthöfen.
Wenn das Gesetz so aus Bundestag und Bundestag herauskommt, wie der Entwurf hineinging, könnte mit dem Verbot der prekären Beschäftigung die Zahl der Festangestellten in Schlachthöfen tatsächlich steigen. Das böte eine bessere Chance für gewerkschaftliche Organisierung. Bei Arbeiter*innen, die mit einem Werkvertrag von irgendeinem Subunternehmer beschäftigt werden, haben Gewerkschaften ebenso wenig eine Chance, sich für den Schutz der Werktätigen einzusetzen, wie Betriebsräte.
Die angekündigte Prüfquote von fünf Prozent ist in erster Linie eines: ein Offenbarungseid. Wenn Minister Heil sagt, dass in den letzten Jahren in vielen Bundesländern die Arbeitsschutzbehören »regelrecht kaputtgespart« wurden, zeigt das eine Prioritätensetzung, die mit Gesundheitsschutz und gerechter Entlohnung wenig zu tun hat. Bau auf, was du zuvor zerstörtest! Die Leitragenden sind Menschen, die ihre Arbeitskraft zu Markte tragen müssen, die Profite erwirtschaften - und dafür sorgen, dass die 40-Cent-Bratwürste in Massen ihren Weg auf die 500-Euro-Grills auf hiesigen Terrassen finden. Mahlzeit.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.