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Gästelisten für die Polizei
Nutzung von Kundendaten zur Coronabekämpfung wird in Bundesländern unterschiedlich gehandhabt
In Restaurants, Cafés oder beim Friseur: Um eines kommt man nicht herum. Namen, Telefonnummer, Adresse und E-Mail zu hinterlassen, das ist in der Corona-Pandemie zur Normalität geworden. Die Informationen sollen den Gesundheitsbehörden zur Kontaktverfolgung dienen, wenn es eine Infizierung gibt. Soweit, so sinnvoll. Allerdings wecken die Kontaktinformationen auch Begehrlichkeiten bei Sicherheitsbehörden. Vor knapp einem Monat wurde in Hamburg der erste Fall bekannt, bei dem nach einer Bedrohungssituation die Gäste eines Restaurants telefonisch um Zeugenaussagen gebeten wurden. Die Kontaktdaten der Restaurantbesucher hatte die Polizei aus den Formularen gewonnen, die eigentlich der Corona-Kontaktverfolgung dienen sollen.
Mittlerweile sind Fälle aus den sechs Bundesländern Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hamburg und Bayern bekannt, in denen solche Daten für polizeiliche Ermittlungen genutzt wurden. Die Polizeien oder Innenministerien in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen meldeten, dass ihnen bislang keine Zugriffe auf Corona-Gästelisten bekannt seien. Die Behörden wiesen aber darauf hin, dass solche Zugriffe im Rahmen von Strafverfahren unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit rechtlich durchaus erlaubt seien.
Bislang keine Zugriffe auf Corona-Gästelisten bei strafrechtlichen Ermittlungen meldeten die Innenministerien in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Entsprechende Abfragen habe es noch nicht gegeben, sagte etwa eine Ministeriumssprecherin in Erfurt. Möglich seien sie nur in begründeten Ausnahmen. Noch zurückhaltender gibt sich Baden-Württemberg. Aus der Corona-Verordnung »ergibt sich eine ausdrückliche und aus unserer Sicht eindeutige Zweckbindung«, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Innenminister Thomas Strobl (CDU) machte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe deutlich: »Eine Verwendung etwa von der Polizei, um Straftaten zu verfolgen, ist unzulässig.«
Verteidiger der Nutzung der Gästeinformationen wie Bayerns Innenminister Joachim Hermann von der CSU betonen, dass die Daten wichtig sein könnten, um etwa Zeugen von Kapitalverbrechen zu ermitteln. Dies sei wichtig, damit der Täter seine »gerechte Strafe« erhält. Hermann ist nicht der Einzige, der betont, wie wichtig die Daten seien, gerade um schwere Straftaten aufzuklären. Allerdings wirft die bisherige Praxis Fragen auf.
Auf eine Anfrage von »netzpolitik.org« antwortete das bayerische Landeskriminalamt, dass solche Daten auch in einem »Rauschgiftermittlungsverfahren« genutzt wurden. Nähere Angaben zu dem Verfahren machte die Behörde nicht. Aus Hamburg wurde nach einer Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein bekannt, dass Gästedaten sogar für Ermittlungen zu einem Verkehrsunfall genutzt wurden.
Die polizeiliche Nutzung der Gästedaten sorgt für Kritik. Thomas Bareiß (CDU), Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus und Mittelstand, sagte gegenüber dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland«, dass er Verständnis für Belange der inneren Sicherheit habe, allerdings davon ausgehe, dass »die Daten genauso verwendet werden, wie es auf den Formularen draufsteht«. Sonst würde die Glaubwürdigkeit der Politik untergraben und für Verunsicherung bei Gästen gesorgt. »Der Kunde muss sich auch auf Datenschutz verlassen können«, so Bareiß.
Ähnliche Sorgen hat auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Wenn Zweckänderungen der Gästedatenerhebung nicht äußerst zurückhaltend erfolgten, könne dies zu »Konfliktsituationen zwischen Gastwirten und Gästen« führen. Rechtlich ist die Nutzung der Gästedaten nach der Strafprozessordnung zulässig.
Ulf Buermeyer, Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte, macht in einem Tweet darauf aufmerksam: Wenn dem Gesetzgeber wahrheitsgemäße Angaben bei der Gästeerfassung wichtig seien, hätte er ein »Beweisverbot in den Regeln zu Corona-Listen vorsehen müssen«. Frank Rieger, langjähriger Sprecher des Chaos Computer Clubs, twitterte, dass er wegen »des Trends der polizeilichen Zugriffe auf Corona-Daten« fiktive Daten, mit »Ausnahme einer funktionierenden, namentlich nicht zuordenbaren E-Mail-Adresse« nutze. Die anderen Daten optimiert Rieger darauf, dass deutlich wird, dass ein Kontakt per Mail funktioniert. Mit Agentur
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