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Linke nennt Treuhandpolitik den Kardinalfehler der deutschen Einheit
Bartsch: »Warum hat die Bundesregierung unter Helmut Kohl die Treuhand kaum kontrolliert?«
Berlin. Die Linke im Bundestag fordert eine gründliche Aufarbeitung der Arbeit der Treuhandanstalt, die nach der Wiedervereinigung vor 30 Jahren im Osten Deutschlands Tausende Unternehmen privatisiert oder abgewickelt hat. Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der »Neuen Osnabrücker Zeitung«: »Die Treuhandpolitik war der Kardinalfehler der deutschen Einheit.« Gefühlt sei dies eine Fortsetzung des Kalten Krieges mit anderen Mitteln gewesen.
Die Treuhand hatte eine zentrale Rolle bei der Umwandlung der DDR-Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft. Die Linke prangert seit Langem an, dass damals unnötig viele Menschen arbeitslos gemacht und überlebensfähige Industrien plattgemacht wurden.
Bartsch forderte, der nächste Bundestag solle dieses Thema aufgreifen und in die Akten schauen, die nach 30 Jahren nun zugänglich würden. Er fragte: »Warum hat die Bundesregierung unter Helmut Kohl die Treuhand kaum kontrolliert?«
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, sieht die deutsche Einheit ebenfalls kritisch. »Auf der Habenseite stehen zuerst einmal Freiheit und Demokratie und all die Möglichkeiten, die wir haben«, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hinzu komme, dass die Menschen in Ostdeutschland etwas ganz Neues aufgebaut hätten und die Deutschen als Europäerinnen und Europäer wieder vereint worden seien.
Göring-Eckardt fügte aber hinzu: »Leider erleben wir die Einheit nicht wirklich als Einheit. Von Westdeutschland wurde die Wiedervereinigung lange als Anschluss betrachtet und nicht als etwas gemeinsames Neues. Was außerdem fehlt, ist die Anerkennung der ostdeutschen Transformationsleistung und damit die Anerkennung ostdeutscher Erfahrungen in den vergangenen 30 Jahren.« Dazu zählten die Selbstverständlichkeit von Kinderbetreuung; die Polikliniken, die heute medizinische Versorgungszentren hießen, »damit sie nicht an die DDR erinnern«; und die Selbstverständlichkeit, dass Mütter arbeiten könnten, ohne dass sie als »Rabenmütter« gelten würden. dpa/nd
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