- Politik
- Przemysław Czarnek
Ein ganz rechts Gelehrter
Przemysław Czarnek ist der neue polnische Bildungsminister
Jarosław Kaczyński, der PiS-Vorsitzende, musste für die Beilegung der jüngsten polnischen Regierungskrise einen Preis bezahlen. Jetzt ist er nicht mehr nur der Strippenzieher im Hintergrund, sondern musste als Vizepremier in die Regierung eintreten, um ausgleichend zwischen dem moderateren Premier Mateusz Morawiecki und dem äußerst rechten Justizminister Zbigniew Ziobro zu wirken. Die Rechte um Ziobro, der maßgeblich für die auch international verurteilten »Justizreformen« verantwortlich ist, hat aber Verstärkung erfahren - durch einen jungen, rechten Hardliner auf dem Posten des Bildungsministers.
Die Berufung Przemysław Czarneks, 1977 geboren und 2015 an der katholischen Hochschule in Lublin habilitierter Jurist, hat Protest ausgelöst - weil man bei Czarnek nicht auf Mäßigung setzen kann. Seine Weltsicht, vor allem seinen Blick auf die Menschen in Polen, die nicht nach dem traditionellen Familienmodell leben und streben, hat Czarnek zuletzt Anfang August im katholischen Radio Maria so zusammengefasst: »Die LGBT-Ideologie, die auf dem Neo-Marxismus fußt, stammt aus derselben Quelle wie der deutsche Nationalsozialismus der Nazis.«
In einem Satz wird alles zusammengerührt, was es an existenziellen Bedrohungen für Polen im 20. Jahrhundert gab - und auf eine für ihre Rechte streitende Minderheit projiziert. Darunter geht es verbal nicht, es verwundert also auch nicht, dass Regenbogenflaggen vor Rathäusern für Czarnek mindestens ein Symbol für die Entchristianisierung Europas sind. Czarnek konnte im August 2020 im Präsidentschaftswahlkampf im PiS-kontrollierten Fernsehen unwidersprochen sagen, dass jene Menschen »nicht normal« und »nicht gleich« seien. In Lehrbüchern und Lehrplänen wird es vielleicht etwas anders formuliert, aber so gemeint sein - Czarnek kann das jetzt entscheidend mitbestimmen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.