Tägliche Nadelstiche gegen die A49

Aktivisten seilten sich in Hessen an drei Autobahnbrücken ab

Kurz vor Beginn der Rodungssaison tauchten die Fotos der Deutschen Presseagentur auf, die rund um die Baumhäuser im Dannenröder Wald polizeifeindliche Graffiti zeigen. Als wollte sie schon im Vorfeld ein paar Symbolbilder für die befürchteten Scharmützel während der Rodungen für den Weiterbau der A49 liefern. Doch bislang blieben solche Szenen weitestgehend aus. Der Protest gegen die Rodungen im Herrenwald bei Stadtallendorf (Kreis Marburg-Biedenkopf) und weiter südlich im Maulbacher Wald (Vogelsbergkreis) ist zwar durchaus heftig und emotional, aber Gewaltexzesse gab es bislang nicht.

Wohl aber gelingt es den Waldbesetzern immer wieder, Nadelstiche gegen die martialisch auftretende Polizei zu setzen. Punktuell können sie einzelne Bäume lange besetzen und die Rodungen dadurch aufhalten. Außerdem gibt es immer wieder Abseilaktionen an Autobahnbrücken, die den Verkehrsfluss stören sollen. Aktivisten ließen sich am Montagmorgen gleich an drei Autobahnbrücken im Rhein-Main-Gebiet herab - an der A661 zwischen Bad Homburg und Engelsbach, an der A3 zwischen Frankfurt und Köln beim Wiesbadener Kreuz sowie an der A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt. Die betreffenden Autobahnabschnitte wurden von Polizisten abgeriegelt. »Wir wollen eine Verkehrswende durchsetzen, die die Klima zerstörende, Flächen und Rohstoffe verschlingende Mordmaschine Auto verdrängt«, erklärten die Kletternden, die auf umweltfreundliche Mobilität von Bus und Bahn setzen. Bis zum Mittag gelang es ihnen, den Verkehr aufzuhalten.

In der hessischen Wirtschaft kommen solche Aktionen nicht gut an. »Wir sehen mit Sorge, dass der Protest zunehmend in weitere Teile der Wirtschaft und des Verkehrs eingreift. Damit schaden diese Aktionen dem Wirtschaftsstandort Hessen«, erklärte Robert Lippmann, Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertages. Der Lückenschluss der A49 habe alle demokratischen Prozesse durchlaufen, betonte Lippmann. Längst bestehe Baurecht.

Trotz des vielfältigen Widerstands gehen die Baumfällungen zügig voran. Seit Beginn der Rodungssaison am 1. Oktober sind nach Angaben der Deges, die den Bau als Projektentwicklerin koordiniert, bis Samstag insgesamt 33 Hektar gerodet worden. Bislang wurden Rodungen im Herrenwald und im Maulbacher Wald vorgenommen, unweit der Stelle, wo der Autobahnneubau auf die A5 stoßen soll. Auch am Montag machten Polizisten den Weg für den Einsatz der Kettensägenmaschinen im Herrenwald frei. Insgesamt sollen laut Deges für den Neubau 85 Hektar Waldfläche weichen. Der größte Widerstand gegen die Rodungen wird im Danneröder Wald erwartet, wo Besetzer entlang der künftigen Trasse Dutzende Baumhäuser errichtet haben.

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