Massaker an Schulkindern
Kameruns Regierung und Separatisten weisen sich gegenseitig die Schuld zu
Die Auseinandersetzungen in der anglophonen südwestlichen Region Kameruns, in der seit drei Jahren ein Bürgerkrieg zwischen der Regierung und separatistischen Milizen herrscht, haben eine neue Stufe erreicht. Am 24. Oktober stürmten mit Schusswaffen und Macheten bewaffnete Männer die bilinguale Mutter-Franziska-Schule in der Stadt Kumba. Mindestens acht Kinder im Alter von neun bis zwölf Jahren starben, zwölf weitere wurden verletzt. Die kamerunische Regierung und die Regierung des nicht anerkannten Staates Ambazonia sowie die Vereinten Nationen verurteilten die Gewalt. »Ich bin schockiert und wütend über die Ermordung unschuldiger Schulkinder«, erklärte Matthias Z. Naab vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Verschiedenen Berichten zufolge sollen die Männer zivil gekleidet gewesen sein, doch ein Fünftklässler, der das Massaker überlebte, soll Militäruniformen gesehen haben.
Angehörige der anglophonen Minderheit fühlen sich im mehrheitlich frankophonen Kamerun benachteiligt. Rebellen kämpfen seit 2017 im Westen des Landes für die Unabhängigkeit. Zu dem Angriff hat sich bisher niemand bekannt, doch die Regierung sieht die Verantwortung bei den Separatist*innen. Die Regierung Ambazonias wies den Vorwurf jedoch zurück und forderte den UN-Sicherheitsrat auf, eine humanitäre Intervention in Südkamerun durchzusetzen. Frankreich müsse unter Druck gesetzt werden, »einmal das richtige im Bezug auf Kamerun zu tun«, äußerte der ambazonische Vizepräsident Dabney Yerima gegenüber »nd«. Der Geheimdienst Ambazonias habe »Informationen von Augenzeugenberichten, Patronenhülsen und über die Kommunikation eines lokalen Regierungsbeamten mit der Armee«. Er wünsche sich die Möglichkeit, »mit forensischen Untersuchungen die Beteiligung der kamerunischen Regierung zu beweisen«.
Laut UN-Berichten gibt es seit August vermehrte Aktivitäten nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen. Das Personal von Schulen war mehrmals Ziel von Angriffen, die eine normale Durchführung des Unterrichts verhindern sollten. Gleichzeitig gibt es eine starke Militärpräsenz und Verhaftungen von vermeintlichen »Amba Boys« - Jugendliche, die für Angehörige separatistischer Milizen gehalten werden. Mehr als 3000 Menschen sind seit Beginn des Krieges zu Tode gekommen, bis zu 700 000 Menschen wurden vertrieben. Der Norden des Landes wird zudem von Boko Haram terrorisiert, eine zusätzliche Gefahr für die aus dem Südwesten Geflohenen.
Recherchen der BBC deckten 2018 auf, dass mutmaßlich von den USA und Israel ausgebildete Spezialkräfte an Vergeltungsaktionen der Regierung beteiligt sind. Damals kursierten in den sozialen Medien Videos, die zeigten, dass ganze Dörfer vom Militär niedergebrannt wurden. Würde eine unabhängige Untersuchung zeigen, dass das Massaker von separatistischen Kräften verübt wurde, wäre ihr Ruf nachhaltig beschädigt, schreibt Nelson A. Agbor im Cameroon Intelligence Report. Könnte allerdings wie bei dem Massaker in Ngarbuh, bei dem Anfang des Jahres 22 Menschen von Angehörigen der kamerunischen Armee getötet wurden, die Verantwortung der Regierung bewiesen werden, hätte sie erneut gegen Verfassung und Genfer Konvention verstoßen.
Laut der Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte Ravina Shamdasani habe die Schule nicht über ein Schutzkonzept gegen Angriffe verfügt. UN-Generalsekretär António Guterres forderte von Kameruns Regierung eine Untersuchung der Attacke und betonte, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Auch Papst Franziskus zeigte sich bestürzt über den grausamen Angriff.
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