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  • Extremismusdoku im ZDF

»Kaum zu ertragen«

Dem ZDF hat die Hufeisentheorie kein Glück gebracht - es ist beim Vergleich des Extremismus von links und rechts gescheitert

»Lässt sich Extremismus vergleichen, und wenn ja, welcher Extremismus ist gefährlicher?« Das ZDF hat es gewagt, sich dem höchst umstrittenen Vergleich von Rechts- und Linksextremismus zu widmen. Stimmen im Netz zufolge ist die 45-minütige Dokumentation »Deutschland extrem - Extremismus von links und rechts« von ZDFinfo allerdings »kaum zu ertragen«.

Das liegt vor allem an der sogenannten Hufeisentheorie, die von einer »guten« Mitte der Gesellschaft ausgeht, zwischen den zwei »bösen« Polen Links- und Rechtsextremismus. Sie bildet die Grundlage der Doku, der - schaut man sich die Kritik an dieser Extremismustheorie an - schnell jegliche Grundlage abhandenkommt. »Eine der denkfaulsten Konstruktionen der Politikwissenschaft«, nannte etwa Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl die Theorie auf Twitter und erklärte: »Den beiden Extremen werden Wesensmerkmale angedichtet, die die Unterschiede irrelevant machen sollen.«

Eine Kritik, die die Doku zwar anschaulich, aber unreflektiert umgesetzt hat. So erklärt der Politologe Uwe Backes, der als Vordenker der Hufeisentheorie vorgestellt wird, dass es große Überschneidungen der Feindbilder gebe. »Denken Sie an die USA, den Kapitalismus oder auch das sogenannte Finanzkapital. Das sind ja Feindbilder, die sowohl für Rechts- als für Linksextremisten eine wichtige Rolle spielen.«

Burkhard Freyer, Leiter des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen, weist in der Doku auf ein weiteres vermeintliches Wesensmerkmal beider Extreme hin - die Gewaltbereitschaft. »Im Linksextremismus hat die Gewalt zugenommen, und zwar nicht nur die Quantität. Auch die Qualität der Gewalt im Linksextremismus hat sich gesteigert.« Als Beispiel nennt er »gewaltbereite Waldbesetzer«, die »Polizisten mit Fäkalien angegriffen haben«.

Es ist nicht die einzige Sequenz, bei der deutlich wird: Rechte und linke Gewalt miteinander zu vergleichen, ist problematisch, wenn nicht hanebüchen. Während die Waldbesetzer*innen namens Clumsy und Serissa sich mit ihren Körpern und Exkrementen der Zerstörung des Hambacher Forsts in den Weg stellen, schießt ein Rechtsextremer auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walther Lübcke - und tötet ihn. »Hallo @ZDF! Ist es euer Ernst, in eurer Extremismusdoku die Geschehnisse des G20 mit dem NSU, dem Mord an Walter Lübcke und dem Attentat von Halle in einen Topf zu werfen?«, wird sich auf Twitter beschwert.

Wer vor Empörung nicht bereits ausgeschaltet hat, kann sich im Nachhinein über das abgebildete Spektrum des linken Extremismus Gedanken machen: Von Waldbesetzer*innen im Hambacher Forst bis zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands wird sichtbar, aber nicht ausgesprochen, dass »linksextrem« anscheinend so ziemlich jede*r sein kann. »Es gibt diese kohärente ideologische Beschreibung ›linksextremer‹ Ideologie nicht wie im Rechtsextremismus. Hier wird einfach ein Wortgleichklang konstruiert, um eine Wesensähnlichkeit zu suggerieren«, zerpflückt Strobl die Hufeisentheorie weiter.

Es ist gefährlich, Linkradikalismus aufzubauschen, wenn im Umkehrschluss Rechtsextremismus fast verharmlost wird. Und auch die Bedeutung der gesellschaftlichen Mitte - die vermeintlich frei ist von menschenfeindlichem Denken - bleibt dank der Hufeisentheorie unterbelichtet. Das ist mit Blick auf das regelmäßige Aufdecken rechter Polizei-Chats und rechtsextremer Netzwerke bei der Bundeswehr mehr als bedenklich.

Das offizielle Fazit der ZDF-Doku lautet dann auch noch: »Keine Frage. Es ist der Rechtsextremismus, der heute als die gefährlichere Ideologie erscheint. In seinem Schatten aber kann der Extremismus von links langsam gedeihen.« Den Zuschauer*innen bleibt ein mulmiges Gefühl und die Erinnerung an einen alten, offensichtlich zeitlosen Tweet des »Zeit«-Feuilletonisten Lars Weisbrod: »Linksextreme und rechtsextreme Gewalt so lange gleichsetzen, bis auch der letzte Porsche Cayenne Menschenrechte wie ein Flüchtling hat!«

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